Die Transformationen der Zeiterfahrung: Krisensemantik als Medium Temporaler Integration

1993 
Die Krisensemantik scheint sich einer wissenssoziologischen Interpretation, die den Zusammenhang von semantischen und sozialen Strukturen bestimmen will, zu entziehen. Schon der Versuch, das Identische der Krisenbegriffe zu beschreiben, scheint an der eigentumlichen Polysemie dieser semantischen Konfiguration scheitern zu mussen. Ein seltsames Begriffs-Chamaleon namlich hat sich in der Darstellung ihrer Entwicklungsgeschichte enthullt: ein Ensemble von semantischen Figuren mit disparaten Bedeutungsgehalten und kontraren theoretischen Strategien. Andererseits lassen sich darin durchaus Leitmotive unterscheiden, die eine eigene Entwicklungsgeschichte durchlaufen. Aber worin liegt die identische Problematik der verschiedenen Etappen? An seinem — geschichtsphilosophischen — Ursprung bezeichnet der Begriff zwar prazise eine situative Konstellation: die ‚revolutionare Krise‘. Dann aber spaltet sich das durch ihn Bezeichnete auf in die semantischen Felder der ‚Kulturkrise‘ und der ‚okonomischen Krise‘. Das okonomisch bestimmte Begriffsfeld bleibt in den Erwartungshorizont revolutionarer Krisen eingeschrieben. Das Motiv der ‚Kulturkrise‘ jedoch artikuliert gerade die Erfahrung der Spannungslosigkeit eines vom Konflikt entlasteten, transzendenzlosen Gesellschaftszustands. Dem soziologischen Blick schlieslich zerfallt die homogene Situation der ‚Krise‘ in eine Pluralitat verschiedenartiger Problemlagen.
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