Zum Merkmal der „nichtdeutschen Herkunftssprache“ (ndH) in der schulischen Sprachförderung im Land Berlin

2013 
Bereits seit Mitte der 1990er Jahre greift die schulische Sprachforderung im Land Berlin vor allem auf das Merkmal der „nichtdeutschen Herkunftssprache“ (ndH) zuruck. Mit der Einfuhrung dieses Merkmals entschied sich der Landesgesetzgeber dafur, die – aus seiner Sicht weiterhin dringend notwendige – Sprachforderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Schule nicht mehr an eine auslandische Staatsburgerschaft, sondern, ungeachtet der Staatsburgerschaft der Schuler, an das Vorherrschen einer nichtdeutschen Kommunikationssprache in der Familie anzuknupfen. An diesem Ansatz hat sich auch durch die Novellierung des Berliner Schulgesetzes im Jahre 2004 nichts Grundsatzliches geandert. Neben der Bedeutung des Merkmals ‚ndH‘ fur die individuelle Sprachforderung in Schulen kommt diesem Merkmal – zusammen mit dem erst unlangst aufgewerteten weiteren Sprachfordermerkmal „Lernmittelbefreiung“ (LmB) – jedoch nunmehr auch eine zentrale Rolle bei der Zumessung von Sprachfordermitteln und Personalressourcen zu. In der Vergangenheit ist das Merkmal ‚ndH‘ allerdings wegen seiner angeblich diskriminierenden und vermeintlich segregierenden Wirkung mehrfach in die Kritik geraten, die sich, ausgelost durch einen Vorfall an einer Kreuzberger Grundschule im Jahre 2012, noch einmal verstarkt hat. So wird neben der Tatsache, dass das Merkmal ‚ndH‘ uberhaupt erhoben und der Sprachforderung zugrunde gelegt wird, auch die Praxis der Berliner Senatsverwaltung fur Bildung, Jugend und Wissenschaft, auf den sog. Schulportrats im Internet ‚ndH‘-Quoten zu veroffentlichen, angegriffen und die Abschaffung dieser Praxis gefordert. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Beantwortung der Frage nach der Berechtigung dieser Kritik. Ausgehend von einer Darstellung zur Einfuhrung und Entwicklung des Merkmals ‚ndH‘ unter Berucksichtigung der zuvor geltenden Rechtslage und einer Darstellung der aktuellen rechtlichen Grundlagen der schulischen Sprachforderung im Land Berlin wird dieses Merkmal einer naheren Betrachtung unterzogen. Nach einer Bestimmung des Merkmals ‚ndH‘, einer Erlauterung der einschlagigen Regelungen zur ‚ndH‘-Sprachforderung und einem Vergleich mit dem zusatzlich bestehenden Fordermerkmal ‚LmB‘ im Kontext der aktuellen Bestimmungen wird zunachst ein Uberblick uber wesentliche Aspekte der schulischen Sprachforderung auf der Grundlage des Merkmals ‚ndH‘ in der Praxis gegeben, in den wiederum das Vergleichsmerkmal ‚LmB‘ einbezogen wird. Daran knupft die Untersuchung der These an, das Merkmal ‚ndH‘ bzw. zumindest seine Veroffentlichung im Rahmen der Schulportrats der Senatsschulverwaltung habe diskriminierende Wirkung und fuhre zu einer Segregation der Schulerschaft. Im Anschluss daran wird als zusatzliche Uberlegung der Frage nach der tatsachlichen Notwendigkeit einer sich an dem Merkmal ‚ndH‘ und damit einer familiaren Kommunikationssprache orientierenden Sprachforderung nachgegangen, die, wenn sie denn bejaht werden konnte, etwaige Diskriminierungs- und Segregationswirkungen rechtfertigte.
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