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Manni ohne Mantel

2018 
Manni B. hat eine bipolare Storung. Eigentlich lebt der 21-Jahrige in einer betreuten Wohngruppe und war schon kurz davor, seine Lehre zum Zimmerer, die er krankheitsbedingt unterbrochen hatte, wieder aufzunehmen. Aber seit elf Tagen ist er nach § 1906 BGB in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht. Zuvor hatte er seinen Schrank mit all seiner Kleidung aus dem Fenster geworfen, wodurch ein Rentner beim Ausfuhren seines Hundes fast erschlagen worden ware. Wahrend seines Klinikaufenthalts hat sich Manni (Name geandert) bisher kooperativ gezeigt. Er beteiligt sich an den Gruppentherapiesitzungen und nimmt die verschriebenen Medikamente ein. Allerdings weigert er sich seit ein paar Tagen strikt, beim Spaziergang im Klinikpark einen Mantel zu tragen. Die Ausentemperatur betragt derzeit – 3° Celsius. Darf Manni trotzdem raus? Muss er auf Station bleiben? Das Behandlungsteam ist unsicher. Manni nur im T-Shirt mitzunehmen gefahrdet seine Gesundheit, ihn gegen seinen Willen auf Station zu lassen, ist aber nichts weniger als eine Zwangsmasnahme. Und Zwangsmasnahmen sind auch innerhalb einer gerichtlich angeordneten Einweisung nur „zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens“ (§1906, [1] 2 BGB) zulassig. Droht Manni bei einem Winterspaziergang im T-Shirt wirklich ein erheblicher Schaden? Juristisch lasst sich daruber nicht befinden. Aber auch der Arzt durfte sich schwertun mit dieser Frage. Entscheidungsunsicherheiten, die sich nicht allein fachspezifisch klaren lassen (ob nun medizinisch oder juristisch), wecken in klinischen Behandlungsteams haufig einen Bedarf an ethischen Fallberatungen. Ist die Hoffnung auf Klarung durch einen ethischen Blick gerechtfertigt? Wie sollte man vorgehen in einer solchen klinischen Fallbesprechung? Welche Fragen stellen? In diesem Beitrag werden zwei Beratungsstrategien auf den Fall »Manni« bezogen: die weithin etablierte „prinzipienethische“ Vorgehensweise, die sich an den amerikanischen Medizinethikern Tom Beauchamp und James Childress orientiert, und ein Fallbesprechungsdesign, das am Lehrstuhl fur Moraltheologie der Universitat Regensburg erprobt wird. Je nach Fallberatungstyp werden die Konsequenzen fur Manni unterschiedliche sein.
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