Grundlagen perinataler Prägung und Programmierung

2016 
Leben ist grundsatzlich ein permanent umweltabhangiger Entwicklungsprozess. Sogar die Genexpressivitat kann (auch sequenzunabhangig) durch Umwelteinflusse dauerhaft modifiziert werden (Epigenomik). Derartige Gen-Umwelt-Interaktionen haben wahrend pra- und neonataler, kritischer Entwicklungsphasen offenbar besonders nachhaltige, dauerhafte Konsequenzen fur das langfristige, individuelle Erkrankungsrisiko. Mechanistisch scheint es sich hierbei um einen prinzipiell normativen, vegetativen Konditionierungsprozess zu handeln („vegetative Pragung“), bei dem epigenomisch und mikrostrukturell durch die Quantitat und die Qualitat von umweltabhangigen Entwicklungssignalen (Ernahrung, Hormone, Xenobiotika etc.) Funktionsweisen von der subzellularen bis hin zur kybernetisch regulierten, organismischen Gesamtebene „gepragt“ werden, im Sinne einer Konditionierung, v. a. von Genom und Gehirn. So konnen z. B. Uber- und Fehlernahrung wahrend kritischer Entwicklungsphasen das Erkrankungsrisiko fur Ubergewicht, Adipositas, Diabetes mellitus und kardiovaskulare Erkrankungen dauerhaft erhohen, insbesondere infolge einer neuroendokrinen Fehlkonditionierung. Ahnliches wurde fur perinatal erworbene Storungen der Stressregulation und anderer fundamentaler Lebensfunktionen beschrieben. Disstress, Disnutrition und Disruptoren (naturliche und anthropogene Xenobiotika) scheinen als fundamentale, grundsatzliche Storgrosen perinataler Pragungsprozesse wirken zu konnen („Disstress-Disnutrition-Hypothese“ und „3-D-Konzept perinataler Fehlpragung“). Hieraus ergeben sich fur die Zukunft mannigfaltige Chancen und Herausforderungen einer genuinen, primaren Pravention im Rahmen der Entwicklungsmedizin, durch das Erkennen, Vermeiden und/oder die adaquate Behandlung maternofetaler und/oder fruhpostnataler Fehlexpositionen.
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