Kosten gesundheitlicher Versorgung contergangeschädigter Menschen – eine aktuelle Neubewertung
2017
Hintergrund Folgekosten von unerwunschten Arzneimittelwirkungen werden meist mit kurzem Zeithorizont betrachtet. Im Fall der
Auswirkungen von Thalidomid (Contergan, reg.) kann gepruft werden, welches Ausmas und welche Struktur Folgekosten auch 50 Jahre nach einem
Ereignis haben konnen. Methode Erhoben wurden Daten von conterganbetroffenen Menschen in Nordrhein-Westfalen. In einer schriftlichen Befragung wurden Daten
zu Arbeitsfahigkeit und privaten Ausgaben erhoben. Erganzend erfolgte eine Auswertung von Abrechnungsdaten der Krankenkassen, wobei eine
Gruppe „Extremitatenfehlbildungen“ mit einer altersgleichen Vergleichsgruppe eingesetzt wurde. Ausgewertet wurden Daten zur Inanspruchnahme
sowie zu Kosten aus Sicht der Gesetzlichen Krankenversicherung. Ergebnisse In die Befragung eingeschlossen wurden 202 conterganbetroffene Menschen. Es zeigten sich erhebliche und individuell stark
schwankende personliche Ausgaben, die haufig auserhalb einer Ubernahme durch die Sozialversicherungen lagen. Auch wenn die Fehlzeiten eher
hoch liegen, hat die vorzeitige Beendigung der Erwerbstatigkeit ein vergleichsweise geringes Ausmas. Insgesamt liegen die Kosten aus Sicht
der Krankversicherung bei Menschen mit Extremitatenfehlbildungen um 29 % hoher als fur eine altersgleiche Vergleichsgruppe (3038 Euro versus
2045 Euro pro Jahr). Diskussion Unerwunschte Wirkungen von Arzneimitteln konnen nicht nur kurzfristig im Gesundheitswesen, sondern auch langfristig in der
Gesellschaft erhebliche Kosten verursachen. Die Contergankatastrophe ist dafur ein tragisches Beispiel. Neben der reinen Kostenbetrachtung
mussen auch mangelnder Zugang zu effektiven Therapien zur Abmilderungen der Folgen von unerwunschten Arzneimittelereignissen und der Verlust
des Vertrauens in die Gesundheitsversorgung thematisiert werden.
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