Autoimmune Enzephalitiden – diagnostischer und therapeutischer Entscheidungsbaum aus psychiatrischer, neurologischer und ethisch-juristischer Sicht

2019 
Bei einem nicht einwilligungsfahigen Patienten mit schwerer psychischer Storung besteht zwar haufig die Notwendigkeit einer raschen Diagnostik und Therapie, das Symptombild fuhrt jedoch nicht selten zu einer Ablehnung solcher Masnahmen. In der taglichen Praxis stellt sich dann die Frage, inwieweit der geauserte Wille des Patienten die Behandlungsschritte vorgibt oder ob eine Entscheidung gegen den Willen des Patienten medizinisch sinnvoll, ethisch vertretbar oder sogar geboten und rechtlich zulassig ist. Autoimmune Enzephalitiden – wie die N‑Methyl-D-Aspartat-Rezeptor(NMDAR)-Enzephalitis – sind aufgrund ihrer relativen Haufigkeit, vielgestaltigen Symptomatik und guten Therapierbarkeit neuerdings wichtige Differenzialdiagnosen, da die zugrunde liegenden Autoantikorper besonders haufig zu organischen Psychosen fuhren. Am Beispiel eines komplexen Falles einer Patientin mit im Verlauf gesicherter NMDAR-Enzephalitis erlautern wir die praxisrelevanten ethisch-juristischen Abwagungen von der initialen invasiven Diagnostik bis zur Unterbringung und Zwangsbehandlung. Die Bewertung soll konkrete Hilfestellungen geben, die Autonomie des Patienten zu respektieren, potenzielle Widerspruche zwischen dem freien Willen und dem geauserten Willen zu ermessen, individuelle arztliche Uberzeugungen (hinsichtlich Autonomiefahigkeit und Zwangsbehandlung) anhand der Rechtslage zu uberprufen, die Indikation fur eine vorubergehende Behandlung gegen den naturlichen Willen zu stellen, Analogien zu anderen schweren Hirnerkrankungen herzustellen und erfolgreich gegenuber dem Betreuungsgericht zu argumentieren.
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