Staatsfonds für eine effiziente Altersvorsorge: Welche innovativen Lösungen sind möglich?

2019 
Millionen Menschen in Deutschland sind von Altersarmut bedroht. Und das Risiko, von Altersarmut betroffen zu sein, wird in den nachsten Jahren vor allem durch den bevorstehenden Eintritt der Babyboomer-Generation in den Ruhestand noch steigen. Die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung stost an ihre Grenzen. Und die private kapitalgedeckte Altersvorsorge ist in Deutschland bei weitem nicht in dem Mase verbreitet, um die entstehende Rentenlucke schliesen zu konnen. Innovative Losungen sind gesucht. Clemens Fuest, Christa Hainz, Volker Meier, ifo Institut, und Martin Werding, Ruhr-Universitat Bochum, entwickeln das Konzept des »Deutschen Burgerfonds«, der die private Altersvorsorge und die Vermogensbildung der privaten Haushalte starken soll. Damit konnte die Versorgungslucke bei Geringverdienern verringert werden. Die hervorragende Bonitat der Bundesrepublik Deutschland als Schuldner ermogliche es, Kredite gunstig aufzunehmen und bei einer Reinvestition eine erhebliche Renditedifferenz zu erzielen. Simulationen zeigen: Lege der Staat ab heute 0,5% des BIP pro Jahr fur alle Erwerbsfahigen an, finanziert durch langsameren Staatsschuldenabbau, ergabe sich nach 50 Jahren bei einer durchschnittlichen Renditedifferenz von 2 Prozentpunkten ein Ertrag von gut 16 000 Euro pro Kopf, der mit dem Erreichen von 67 Jahren ausgezahlt werden konnte. Bei einer Zinsdifferenz von 3 Prozentpunkten kamen bereits rund 30 000 Euro zusammen. Die Verwaltung des »Deutschen Burgerfonds« sollte unabhangig sein und beispielsweise durch die Bundesbank erfolgen. Giacomo Corneo, FU Berlin, schlagt die Grundung einen Staatsfonds durch die Bundesregierung vor, dessen Anfangsvermogen durch die Ausgabe von zweckgebundenen Bundesanleihen finanziert wird. Der Staatsfonds hatte die Aufgabe, das erhaltene Kapital so zu investieren, dass seine risikoangepasste Rendite langfristig maximiert wurde. Die erzielte Rendite wird in Form einer Altersdividende an die Bevolkerung im Alter von uber 67 Jahre ausgezahlt. Durch diese Altersdividende wurde das Armutsrisiko drastisch vermindert, und die verfugbaren Einkommen der Mittelschicht wurden stabilisiert. Da der Fonds uberwiegend in risikobehaftete Anlagen, hauptsachlich in den globalen Aktienmarkt, investieren soll, kame es zu einer diversifizierten gemeinsamen Beteiligung aller Haushalte am globalen Aktienmarkt und zu einer Pareto-Verbesserung. Hans Peter Gruner, Universitat Mannheim, halt die Einrichtung eines schuldenfinanzierten Staatsfonds, dessen mutmasliche Zinsdifferenzgewinne zur Finanzierung eines vergroserten Staatsbudgets eingesetzt werden sollen, fur einen »verheerenden Fehler«. Zum einen unterliegen die Ertrage auf einem Aktienmarkt grosen Schwankungen und konnen positiv oder negativ sein. Zum anderen verschlechtert ein riskanter Staatsfonds die Bonitat des Staates. Und schlieslich werden die Begehrlichkeiten verschiedener Interessengruppen und Parteien, die entsprechenden Mittel nach eigenem Gusto zu verwalten, zu einem Wertverlust des Staatsfonds fuhren. Dennis Huchzermeier und Bert Rurup, Handelsblatt Research Institute, sehen in dem Vorschlag eines Burgerfonds kein adaquates Instrument, der zukunftig steigenden Altersarmut entgegenzuwirken. Zum einen seien die aus diesem Fonds zugeteilten Summen zu gering. Zum anderen wurde es sich um eine unzulangliche »End-of-the-pipe«-Masnahme handeln; denn keine der Ursachen fur Altersarmut wie Langzeitarbeitslosigkeit oder unter­brochene Erwerbsbiographien werden beseitigt oder auch nur verringert. Eine bessere Alternative sei ein von einer staatsfernen Non-Profit-Organisation verwaltetes System von individuellen Vorsorgekonten. Dies konnte eine neu zu grundende Stiftung des offentlichen Rechts sein, die die Spareinlagen nicht selbst managen, sondern externe Asset-Managern und Versicherer betrauen wurde, die fur die Vermogensanlage und die spatere Ver­rentung des angesparten Kapitals zustandig waren. Die Inanspruchnahme privater, kapitalgedeckter Altersvorsorgemoglichkeiten bleibt weit hinter den Erwartungen zuruck. Dafur sind nach der Analyse von Andreas Knabe und Joachim Weimann, Universitat Magdeburg, zwei Grunde verantwortlich. Zum einen neigen viele Menschen dazu, im jeweiligen Status quo zu verharren. Bei der Altersvorsorge bedeute das, dass sie nur uber die gesetzliche, aber nicht uber eine zusatzliche private Alters­vorsorge verfugen. Zum anderen leide der Markt fur private Altersvorsorge unter zu geringem Wettbewerb. Mit ihrem Konzept der »Deutschlandrente« soll mit einem staatlich organisierten Investmentfonds ein transparentes und kostengunstiges Angebot geschaffen werden, das im Wettbewerb zu bestehenden Anbietern steht. Und diese zusatzliche Altersvorsorge wird von einer Zustimmungs- zu einer Widerspruchslosung umgestellt: Solange man nicht aktiv widerspricht, wird jeder sozialversicherungspflichtig Beschaftigte in die zusatzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge einbezogen. Christine Bortenlanger und Donato Di Dio, Deutsches Aktieninstitut, sind der Ansicht, dass es effizientere Losungen als Staatsfonds gibt, um den Burgern ein gutes Auskommen im Alter zu sichern. Die Beispiele Australiens, Schwedens, Grosbritanniens und Kanadas, die in der Altersvorsorge auf den Kapitalmarkt setzen, zeigten dies: Die Modelle bewahrten sich im Wettbewerb, zudem konnten private Anbieter ihren Kunden ein vielfaltiges, masgeschneidertes Angebot anbieten. Auch Deutschland sollte mehr Aktien in der Altersvorsorge nutzen und so den Burgerinnen und Burgern eine bessere Rente ermoglichen.
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