Positionspapier zur praktischen Umsetzung der apparativen Differenzialtherapie der akuten respiratorischen Insuffizienz bei COVID-19

2020 
Vor dem Hintergrund der Pandemie durch Infektionen mit dem SARS-CoV-2 hat die Deutsche Gesellschaft fur Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP e.V.) federfuhrend in Kooperation mit weiteren Verbanden ein Expertenteam benannt, um die zur Zeit drangenden Fragen zu Therapiestrategien im Umgang mit COVID-19-Patienten, die an akut respiratorischer Insuffizienz (ARI) leiden, zu beantworten. Das Positionspapier basiert auf dem momentanen aktuellen Wissen, das sich taglich weiterentwickelt. Viele der publizierten und zitierten Studien bedurfen weiterer Uberprufungen, auch weil viele kein ubliches Review-Verfahren durchlaufen haben Daher unterliegt auch dieses Positionspapier einer standigen Uberprufung und wird in Zusammenarbeit in der Zusammenarbeit mit den anderen Fachgesellschaften weiterentwickelt. Dieses Positionspapier wurde in die folgenden funf Themenfelder gegliedert: 1. Pathophysiologie der akuten respiratorischen Insuffizienz bei Infektionen mit SARS-CoV-2 bei Patienten ohne Immunitat 2. Zeitlicher Verlauf und Prognose der akuten respiratorischen Insuffizienz im Laufe der Erkrankung 3. Sauerstoff-Insufflation, High-Flow Sauerstoff, nicht-invasive Beatmung und invasive Beatmung unter besonderer Berucksichtigung der infektiosen Aerosolbildung 4. Nicht-Invasive Beatmung bei der ARI 5. Versorgungskontinuum zur Behandlung der ARI Zentrale Punkte wurden hierbei als Kernaussagen und Feststellungen herausgehoben. Bezuglich pathophysiologischer Aspekte der akuten respiratorischen Insuffizienz (ARI) verlauft die pulmonale Infektion mit SARS-CoV-2 COVID-19 in drei Phasen: Fruhe Infektion, pulmonale Manifestation und schwere hyperinflammatorische Phase. Der fortgeschrittene COVID-19-induzierte Lungenschaden weist haufig Unterschiede zu den bekannten Veranderungen entsprechend der Definition des Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) nach den Berlin-Kriterien auf. In einem pathophysiologisch plausiblen – zur Zeit aber noch nicht histopathologisch untermauerten – Modell wird in zwei Typen (L-Typ und H-Typ) unterschieden, die einer fruhen und spaten Phase entsprechen. Diese Unterscheidung kann fur die apparative Differenzialtherapie der ARI erwogen werden. Die Einschatzung des Ausmases der ARI soll durch eine arterielle oder kapillare Blutgasanalyse bei Raumluft erfolgen und die Errechnung des Sauerstoffangebotes (bemisst sich aus den Variablen der Sauerstoffsattigung, des Hb-Wertes, der Hufnerʼschen Korrekturzahl sowie des Herzminutenvolumens) beinhalten. Durch Aerosole ist eine Ubertragung von infektiosen, Viren-haltigen Partikeln prinzipiell moglich. Offene Systeme bzw. Leckage-Systeme (sog. vented Masken) konnen die Abgabe von respirablen Partikeln erhohen. Prozeduren, bei denen das invasive Beatmungssystem geoffnet werden muss, sowie die endotracheale Intubation sind mit einem erhohten Infektionsrisiko verbunden. Der Schutz des Personals durch personliche Schutzausrustung soll sehr hohe Prioritat haben, weil die Angst vor Ansteckung kein primarer Intubationsgrund sein darf. Bei Einhaltung der Vorgaben zu Schutzausrustung (Augenschutz, FFP2- bzw. FFP-3 Maske, Kittel) kann eine Inhalationstherapie, nasale High Flow (NHF) -Therapie, eine CPAP-Therapie oder eine NIV nach jetzigem Kenntnisstand vom Personal ohne erhohtes Infektionsrisiko durchgefuhrt werden. Ein signifikanter Anteil der respiratorisch insuffizienten Patienten prasentiert sich mit einer relevanten Hypoxamie, die haufig auch durch eine hohe inspiratorische Sauerstofffraktion (FiO2) inklusive NHF nicht vollstandig korrigiert werden kann. In dieser Situation konnen die CPAP/NIV-Therapie unter Verwendung einer Mund-Nasen-Maske oder eines Beatmungshelms als Therapieeskalation durchgefuhrt werden, solange die Kriterien fur eine endotracheale Intubation nicht erfullt sind. Die NIV bei akuter hypoxamischer Insuffizienz sollte auf der Intensivstation oder in einer vergleichbaren Struktur mit entsprechender personeller Expertise erfolgen. Unter CPAP/NIV kann es zu einer raschen Verschlechterung kommen. Aus diesem Grund soll ein standiges Monitoring unter standiger Intubationsbereitschaft gewahrleistet sein. Kommt es unter CPAP/NIV zur weiteren Progression des ARI, sollte ohne zeitliche Verzogerung die Intubation und nachfolgende invasive Beatmung erfolgen, wenn keine DNI-Order vorliegt. Bei Patienten, bei denen eine invasive Beatmung unter Ausschopfung aller leitliniengerechter Masnahmen nicht ausreicht, um eine ausreichende Sauerstoffaufnahme und CO2-Abgabe zu gewahrleisten, soll ein extrakorporales Lungenersatzverfahren erwogen werden (ECMO).
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