Die Wissenszurechnung im österreichischen Zivilrecht

2009 
Die gegenstandliche Arbeit beschaftigt sich mit der Wissenszurechnung im Zivilrecht: Wessen Wissen und in welchem Umfang ist das Wissen einer Person (typischerweise eines Gehilfen) dem Geschaftsherren zuzurechnen? Basis der Fragestellung sind vier Falle aus der Praxis: Die Zurechnung des Wissens des Verhandlungsgehilfen zur Bank in Zusammenhang mit dem WEB-Immag Skandal in den achtziger Jahren in Salzburg; die Zurechnung des Wissens von Lobbyist Steiniger zur EF-GmbH als Vertragspartnerin der Republik Osterreich beim Kauf von Kampfflugzeugen; die Wissenszurechnung innerhalb des Verbandsorganismus Bank und schlieslich die Zurechnung des Wissens eines Aufsichtsratsmitgliedes eines Unternehmens, das gleichzeitig eine Funktion in einem anderen Unternehmen (im konkreten Fall: einer Bank) ausubt. Zur Untersuchung dieser Frage wurde im ersten Abschnitt der Arbeit zunachst ein Definitionsversuch des Zurechnungsgegenstandes Wissen mit dem Ziel unternommen, die rechtlich relevanten Unterschiede zwischen positivem Wissen, fahrlassigem Nicht-Wissen bzw Wissen-Mussen, Aktenwissen und Vergessen, privatem und dienstlichem Wissen und der Arglist herauszuarbeiten. Der zweite Teil der Arbeit beschaftigt sich mit der Analyse von im osterreichischen Gesetzesrecht vorhandenen Wissenszurechnungsnormen (insbes § 337 ABGB) und der Aufarbeitung der entsprechenden Literatur und Judikatur zum Thema, wobei den relevanten Bestimmungen keine allgemein anwendbarer Grundsatz zur Wissenszurechnung entnommen werden konnte. Der dritte Teil der Arbeit hat die Untersuchung der Wissenszurechnung bei unterschiedlichen Personengruppen zum Gegenstand. Hier wurden insbesondere die Kriterien fur die Wissenszurechnung des rechtsgeschaftlichen Vertreters, des Verhandlungsgehilfen, des Erfullungsgehilfen, des Boten, des Empfangsvertreters, des Lobbyisten, des Wissensvertreters, des gesetzlichen Vertreters, und schlieslich die Wissenszurechnung innerhalb eines Verbandsorganismus (am Beispiel der Banken) sowie innerhalb des Konzerns untersucht. Der vierte Teil der Arbeit beschaftigt sich mit der Charakterisierung der Wissensnormen im ABGB, also jener Bestimmungen, die als Tatbestandselement die Kenntnis oder bspw die fahrlassige Unkenntnis einer Person voraussetzen. Als Wissensnormen genauer untersucht wurden insbesondere die Bestimmungen uber den Zugang von Willenserklarungen, das Irrtumsrecht, die Zession, die Redlichkeit im Sachenrecht sowie im Bereicherungsrecht und die Verjahrung von Schadenersatzanspruchen. Als Sonderproblem wurde abschliesend die Frage der Wissenszurechnung von Personen, die in unterschiedlichen Funktionen tatig sind und daher unterschiedlichen Aufklarungspflichten sowie auch Verschwiegenheitsverpflichtungen unterliegen, behandelt. Erganzend wurden Wissenszurechnungstatbestande aus anderen Rechtsgebieten, wie etwa dem Anfechtungsrecht erlautert, wie auch die deutsche Rechtslage und Literatur zur Frage unter Berucksichtigung der in Deutschland geltenden Bestimmungen zur Wissenszurechnung (insbes § 166 BGB) beleuchtet.
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