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SprachMilieu Nr.3

2009 
Alleiniges Sprachklangmaterial bildet der 1962 entstandene Prosatext , des osterreichischen Schriftstellers Konrad Bayer, der im Umfeld der sog. “Wiener Gruppe” um Artmann, Achleitner, Ruhm und Wiener lebte und arbeitete. Die von Konrad Bayer „aus der Skepsis an der Kommunikationsfahigkeit von Sprache“ (Ruhm) heraus entwickelten autonomen, literarischen Techniken der quasi analytischen Sprachbehandlung, fuhrte u.a. im Spatwerk Bayers (er starb 1964 durch Freitod) zu der Sprachmontagetechnik der Wortverschrankung. Diese Verfahrensweise - von Bayer ausdrucklich als “Topologie der Sprache” bezeichnet - basiert auf dem Prinzip der Gleichheit des rein klanglichen Anteils einzelner Worte oder Wortsilben bei gleichzeitiger Vieldeutigkeit der semantischen Bedeutungsebenen. Diese Art der Sprachbehandlung, insbesondere bei den Prosatexten und zeigt mit der Tendenz zur Verklanglichung von Sprache „an sich“ nicht nur, wie man zuerst vermuten konnte, deutliche Affinitaten zum Dada(ismus), bei dem jedoch oft die Semantik zugunsten der “Musikalisierung von Sprache” vollig aufgelost erscheint. Die durch die Wortverschrankungstechnik verursachte Beschleunigung der ununterbrochen weiterfliesenden Semantikschichtungen, bei gleichzeitiger Erhohung der „Ereignisdichte“ der unterschiedlichsten Bedeutungsebenen, offenbaren auch vielfaltigste Bezuge zu den aktuellen Entwicklungen in der durchrhythmisierten Sprachbehandlung der neueren Hip-Hop-Szene. Schon Gerhard Ruhm, der Herausgeber des Gesamtwerks Bayers, wies im Anhang zu dem Wortverschrankungstext auf die Unzulanglichkeiten der Prasentation dieser Sprach(Klang)Konsistenzexperimente in Buchform als reiner Lesetext hin. Er beschrieb auch Konrad Bayers ersten eigenen Prasentationsversuch, diesen Text als quasi unendlich fortlaufende Spirale rezipierbar zu machen, indem er ihn auf ein, um die eigene Achse rotierendes, zylindrisches “mobiles element” (lesesaule) auf- und in Bewegung brachte. Diese Problematik der Prasentation der Texte (und die Bemerkung Ruhms: “- wenn man prosa im sinne des ´erzahlfadens´ als etwas lineares versteht, und das erscheint nicht abwegig, ist konrad bayer mit der der totale prosaist”) forderten uns heraus, mit Hilfe digitaler, mehrspuriger Sprach- und Klangaufnahmetechniken und deren Bearbeitungsmoglichkeiten via Computerschnitt und Sampling-Technik, vielleicht adaquatere und den eigentlichen Intentionen des Autors gerechter werdende, auditive Rezeptionsmoglichkeiten der Prosatextlinien – ohne falsche Unterbrechung durch Zeilenumbruch – zu entwickeln. Dabei kam es uns vor allem darauf an, die Multidimensionalitat der semantischen Texturebene herauszuarbeiten, um sie - bei gleichzeitiger, konsequenter Beibehaltung der kontinuierlich-eindimensional angelegten phonetischen Textlinien - in ihrer multi-linearen Mehrdeutigkeit, als einen vom Rezipienten in jedem Augenblick wieder neu zu leistenden, wandelbaren Wahrnehmungsprozess verschiedenster Deutungsmoglichkeiten erscheinen zu lassen Somit werden einerseits die Ambivalenz des nur eindeutigen, semantischen Sinnbegriffs von Sprache und andererseits die potentiellen, vegetativ-organisch nach allen Richtungen hin vieldeutigen Semantik-Konsistenz-Linienvernetzungsmoglichkeiten - mit ihren jeweiligen rein klanglichen Qualitaten - fur den Radiohorer auf eine neue Art erfahr- und horbar gemacht Die Produktion dieser transparent durchhorbaren, multidimensionalen Semantikschichtungen – bei gleichzeitiger Wahrung der eindimensional angelegten auseren Form der Textlinien – gelingt umso mehr, wie die “inneren klanglichen Intensitaten” von Sprache durch eigendynamisch erzeugte und kunstlerisch hoch-artifiziell gestaltete Selbstintensivierungsschleifen (Loops !) nach ausen gebracht werden konnen. Getreu der sonotopologischen Devise “jedem Wort seinen Ort – jedem Klang seine Zeit” kommt der artifiziellen, raumlichen und zeitlichen Gestaltung der SprachklangLinien eine grose Bedeutung zu. Durch die beschleunigte oder verlangsamte, kunstlerisch rhythmisch gestaltete und raumlich gesetzte SprachklangBewegung mutieren dabei einzelne “Wort-Punkte” zu frei im Raum flottierenden, vegetativ wuchernden SprachklangLinien. Wahrenddessen entsteht dabei ein permanent zwischen Sprache und Klang / Semantik und Phonetik fluktuierendes „Zwischenplateau“ als akustische Konstruktions- und Reprasentationsmatrix zur Komposition solch einer imaginaren SprachklangKonsistenzMaschine.
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