Anwendungsbeobachtung zur Erfassung möglicher Blutdruckveränderungen bei Kindern und Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) unter Methylphenidat-Therapie mit Hilfe von 24-Stunden Langzeitblutdruckmessungen

2016 
Einleitung: Methylphenidat (MPH) ist ein Psychostimulanz mit amphetaminahnlicher Wirkung. In der Fachinformation wird seit 2009 darauf hingewiesen, dass sich der systolische und/oder diastolische Blutdruck unter MPH-Therapie haufig, d.h. in 1–10% der Falle um mehr als 10 mm Hg „andern“ kann. Da die kurz- und langfristigen klinischen Auswirkungen dieser kardiovaskularen Effekte bei Kindern und Jugendlichen nicht bekannt sind, wurde im Rahmen dieser Anwendungsbeobachtung (AWB) geklart, wie viele Patienten von den beschriebenen Blutdruckveranderungen tatsachlich betroffen sind. Methode: In 6 Studienzentren der Arbeitsgemeinschaft der Niedergelassenen Kinderkardiologen (ANKK e.V.) wurden bei 103 Patienten mit ADHS die Blutdruckwerte vor und unter Gabe von MPH mit jeweils zwei 24-Langzeitblutdruckmessungen (ABDM) untersucht. Die uber den Tageszeitraum gemittelten Blutdruckwerte wurden gemas der Referenzperzentilen der KiGGS-Studie (Neuhauser et al. 2011) bewertet. Die Definition der arteriellen Hypertonie orientiert sich an der S2k Leitlinie der arteriellen Hypertonie fur Kinder und Jugendliche (Hager et al. 2013). Ergebnisse: Von 81 auswertbaren Patienten hatten 56% entsprechend der gemittelten zwei ABDM vor MPH-Gabe prahypertensive oder hypertensive systolische und/oder diastolische Blutdruckwerte. Von den 44 Patienten, die im Anschluss an die ersten beiden ABDM planmasig MPH erhielten, zeigten 25% einen mittleren Blutdruckanstieg um mehr als 10 mm Hg und 18% einen mittleren Blutdruckabfall um mehr als 10 mm Hg gegenuber ihren individuellen Ausgangswerten. Insgesamt veranderte sich bei 43% der Patienten im Verlauf der MPH-Therapie der systolische und/oder diastolische Blutdruck um mehr als 10 mm Hg. Die in der MPH-Fachinformation gemachte Haufigkeitsangabe von 1 bis 10% konnte im Rahmen der AWB somit nicht nachvollzogen werden. Zusammenfassung: Auf Grund des hohen Prozentsatzes von Patienten mit grenzwertig erhohten oder eindeutig erhohten Blutdruckwerten sollte bei allen Patienten vor MPH Therapiebeginn die Durchfuhrung einer ABDM Untersuchung diskutiert werden. Die Fachinformation sollte auf Grund der erhobenen Daten in Ihrer Darstellung der moglichen Blutdruckveranderungen angepasst werden. Unter MPH -Therapie sollten regelmasig Blutdruckkontrollen mittels ABDM vorgenommen werden. Mogliche langfristige Effekte einer MPH-Therapie auf die Blutdruckregulation im Kindes- und Jugendalter sollten im Rahmen einer prospektiven Studie untersucht werden.
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