Traumatische Densfrakturen:Mittelfristiges Outcome nach Schraubenosteosynthese

2016 
Einleitung: Die haufigste traumatische Verletzung des zweiten Halswirbels stellt eine Fraktur des Os odontoid oder Dens mit einem Anteil von 9%–16% an allen Halswirbelsaulenfrakturen bzw. von 1%–2% aller Wirbelsaulenfrakturen dar. Zahlreiche Studien wurden mittlerweile publiziert, die zeigen, dass die Mehrzahl der Autoren der operativen Therapie den Vorzug vor der konservativen Therapie gibt, weil bei der operativen Versorgung v.a. die Risiken einer Pseudarthrose weitaus geringer sind als bei der konservativen Therapie. Diese Studien liefern bezuglich der direkt postoperativen und kurzzeitig poststationaren (FollowUp von 6 Monaten bis 41,5 Monaten, x=21,1 Monate) Ergebnisse anschauliche Aussagen, doch es finden sich in der Literatur wenig Angaben uber mittelfristige Ergebnisse nach ventraler Schraubenosteosynthese der traumatischen Densfraktur. Ziel der vorliegenden retrospektiven Studie war es, insbesondere im Hinblick auf Frakturheilung, Funktionalitat und den allgemeinen Gesundheitszustand der Patienten, die mittelfristigen Ergebnisse zu diskutieren und den Vergleich mit anderen Behandlungsmethoden darzustellen. Material und Methode: 60 konsekutive Patienten der Klinik fur Unfallchirurgie der Universitat Regensburg, die im Zeitraum von Dezember 1993 bis Marz 2005 eine traumatische Densfraktur erlitten und operativ mittels ventraler Schraubenosteosynthese versorgt wurden, wurden in die Studie eingeschlossen. Die klinische Nachuntersuchung erfolgte zwischen September 2007 und Oktober 2008, im Mittel 97,9 Monate (± 39,5 Monate) postoperativ. Neben der Erfassung von patientenbezogenen Daten wie Alter zum Operationszeitpunkt, Geschlecht, Zeitraum zwischen Unfall und Operation, Zeitraum zwischen Operation und Entlassung und der Unfallursache wurden auch die Frakturart bzw. Dislokation, neurologische Einschrankungen (Frankel-Einteilung), Komplikationen, Begleitverletzungen sowie das Ergebnis der Frakturheilung ausgewertet. Die Rontgendiagnostik erfolgte mittels HWS-Aufnahmen in zwei Ebenen (a.p. und lateral) sowie einer Dens-Zielaufnahme. Zur Beurteilung des psychischen Zustandes der Patienten bzw. der subjektiven Beurteilung ihres Empfindens wurden zwei Fragebogen verwendet: der SF-36 und der SSE SPINE TANGO Nacken. Die mathematische Auswertung der Statistik erfolgte nach Uberprufung auf Normalverteilung mithilfe des Kolmogorov-Smirnow-Test mittels zweiseitigem Welch-Test (t-test) bei ungleichen Varianzen. Das Signifikanzniveau betrug fur alle Tests 5% bzw. p<0,05. Ergebnisse: An der klinischen Nachuntersuchung beteiligten sich 16 von 60 Patienten (26,7%), dies ergibt ein lost to follow up von 44 Patienten oder 73,3%. Vom Gesamtkollektiv waren 36 (60%) Patienten mannlich und 24 (40%) Patienten weiblich. Das Durchschnittsalter aller 60 Patienten betrug 55,3 Jahre (± 17,2 Jahre), wobei Manner im Durchschnitt mit 45,8 Jahren im Vergleich zu Frauen mit 68,3 Jahren deutlich junger waren. Der Zeitraum zwischen Unfall und Operation betrug bei 34 Patienten (56,7%) 1-5 Tage und im Mittel 7,3 Tage, der Zeitraum zwischen Operation und Entlassung bei 46 Patienten (76,7%) 1-10 Tage und im Mittel 12,2 Tage. Von den 60 Patienten erlitten 34 (60%) einen Sturz, 21 (35%) einen Verkehrsunfall und 3 (5%) eine sonstige Verletzung. Der Vergleich von Unfallursache und Geschlecht zeigte auf, dass von 36 Sturzen als Unfallursache 20 Frauen (55,6%) und 16 Manner (44,4%) betroffen waren und von 21 Verkehrsunfallen als Ursache 19 Manner (90,5%) und zwei Frauen (9,5%). Die Densfraktur vom Typ II nach Anderson und D`Alonso war mit 51 Fallen (85%) am haufigsten vertreten. Bei 24 Patienten (40%) lag praoperativ keine, bei 18 Patienten (30%) eine Dislokation nach dorsal, bei elf Patienten (18,3%) eine Dislokation nach ventral vor. Bei sieben Patienten (11,7%) war keine Zuteilung moglich. Die haufigste neurologische Einschrankung war bei 9 Patienten (15%) Grad D, 48 (80%) hatten keinerlei neurologische Symptomatik. Komplikationen waren v.a. Einschrankungen in der Beweglichkeit und muskulare Verspannungen. Die Gesamtmortalitat betrug 31,6%, was 19 Patienten entspricht. Begleitverletzungen kamen insgesamt bei 51 Patienten (85%) vor, wobei die Atlasbogenfraktur mit 26,6% und andere Frakturen mit 31,6% am haufigsten vertreten waren. Bei 15 von 16 Patienten (93,8%) zeigte sich zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung eine knocherne Konsolidierung der Densfraktur mit regelrechter Schraubenlage. Bei einem Patienten (6,2%) wurde eine straffe Pseudarthrose nachgewiesen. Von 21 Patienten litten sieben Patienten (33,3%) an Schmerzen im Nacken, zwei Patienten (9,5%) an Schmerzen in Armen/Schultern und zwolf Patienten (57,1%) wiesen keinerlei Beschwerden auf. Insgesamt 19 von 21 Patienten (90,5%) gaben im SSE SPINE TANGO Nacken an, dass sie mit der Behandlung „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“ waren und 18 Patienten (85,7%), dass Ihnen die Therapie „sehr geholfen“ oder „geholfen“ hat. Die Ergebnisse des Gesundheitszustandes des nachuntersuchten Patentenkollektivs mittels SF-36 zeigten im Vergleich zu einer gesunden Normpopulation in den Bereichen „korperliche Funktionsfahigkeit“, „korperliche Schmerzen“ und „emotionale Rollenfunktion“ schlechtere Ergebnisse. In den beiden Hauptgruppen „korperliches Wohlbefinden“ und „psychisches Wohlbefinden“ ergibt sich sowohl fur das korperliche (p=0,11) als auch fur das psychische Wohlbefinden (p=0,32) kein signifikanter Unterschied. Zusammenfassung: Die ventrale Schraubenosteosynthese stellt bei Densfrakturen eine bewahrte Behandlungsmethode dar, vor allem um die problematische Fraktur vom Typ II nach Anderson und D`Alonzo sicher zu versorgen. Mit Hilfe der ventralen Schraubenosteosynthese konnen gute bis sehr gute operative Ergebnisse erzielt werden. Dennoch bedeutet eine Densfraktur trotz knocherner Konsolidierung nach ventraler Schraubenosteosynthese mittelfristig eine Minderung der allgemeinen Lebensqualitat fur den Betroffenen, bedingt durch Bewegungseinschrankungen und anhaltende Beschwerden v.a. im Nacken und in der Schulterregion.
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