Mit Sigmund Freud in der Eisenbahn. Theodor W. Adornos Verwendung der Psychoanalyse zwischen Sommerfrischen des Bewusstseins und qualitativer Empirie

2020 
Die neuaufgefundene Reaktion Adornos auf die Praxis der NS-Psychotherapie stellt ein missing link seiner Einstellung zur Psychoanalyse dar. Nach einer abgelehnten Habilitationsschrift uber das Unbewusste bei Freud und Kant 1927 entwirft Adornos 1934 in Oxford das Programm einer dialektischen Psychologie. Mit diesem stellt Max Horkheimer ihn 1939 in New York als empirischen Forschungsdirektor anstelle von Erich Fromm ein. Nach der Abfassung der Dialektik der Aufklarung, in der die Psychoanalyse eine zentrale Rolle spielt, interpretiert Adorno in den 1940er Jahren die entsprechenden Skalen der Untersuchungsfelder mithilfe von Freuds spaten massenpsychologischen Schriften. Zuruck in Deutschland ab 1950 verwendet er diese Methode zur Auswertung des Gruppenexperiments; weitere Studien in Kalifornien werden 1953 von ihm ebenfalls auf diese Weise bearbeitet. Im Anschluss verfasst er zwei grose Aufsatze zur Psychoanalyse: „Die revidierte Psychoanalyse“, in dem er mit den Freudkritikern Karen Horney und Erich Fromm in Amerika hart ins Gericht geht. Allerdings fallt bei der in Deutschland 1952 veroffentlichten Version der wichtige Hinweis auf die enge Verbindung beider zur sich selbst gleichgeschalteten NS-Psychologie und Psychotherapie fort, die eine fruhere Version von 1946 noch aufwies. In „Zum Verhaltnis von Soziologie und Psychologie“ wiederholt Adorno dann selbst eine soziologisch fundierte Kritik an Freud. In seinen letzten Schriften zur Asthetik nimmt er ein letztes Mal den fruh erarbeiteten Zusammenhang zwischen Kant und Freud auf.
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