Regionale Migrationsgovernance: Impulse für eine nachhaltige internationale Migrationsarchitektur

2017 
Die globale Migrationsgovernance ist in einer Phase des Umbruchs. Dafur gibt es zwei wesentliche Ursachen: Zum einen besteht eine Zweiteilung zwischen einem internationalen Fluchtlingsregime und einem (Arbeits-) Migrationsregime, die angesichts „gemischter“ Wanderungen problematisch ist. Zum anderen ist speziell die globale Migrationssteuerung durch fehlende normative Standards und eine institutionelle Fragmentierung gekennzeichnet. Diese Missstande sollen im Rahmen der derzeit zu verhandelnden Global Compact for Migration und des Global Compact on Refugees behandelt werden. Eine entscheidende Frage ist, welche Rolle regionale Zusammenschlusse von Staaten in einer zukunftigen globalen Migrationsarchitektur spielen werden. Denn grenzuberschreitende Flucht- und Migrationsprozesse finden uberwiegend innerhalb von Regionen statt. Die regionale migrationspolitische Zusammenarbeit findet derzeit in drei Formaten statt, mit jeweils unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten: 1) Migrationssteuerung von Regionalorganisationen (z.B. ECOWAS oder I-GAD); 2) regionale Konsultationsprozesse ( Regional Consultative Processes – kurz: RCPs) und 3) interregionale Kooperationsprozesse (z.B. Khartoum- und Rabat Prozesse). Erfahrungen aus Afrika zeigen: Auf regionaler Ebene wurden wegweisende Normen bspw. in der Personenfreizugigkeit oder im Fluchtlingsrecht hervorgebracht. Das liegt nicht zuletzt an einigen Vorteilen regionaler Migrationsgovernance gegenuber globalen Formaten. So lassen sich eher gemeinsame Interessen finden, regionale Besonderheiten konnen besser berucksichtigt werden, und auch die Formulierung einer entwicklungsfordernden und koharenten Migrationspolitik fallt im regionalen Kontext tendenziell leichter. Allerdings ist die Umsetzung der Normen teils defizitar. Zudem werden insbesondere die Agenden interregionaler Kooperationsformate oftmals stark von wirtschafts- und sicherheitspolitischen Interessen westlicher Geberlander beeinflusst, wodurch der Schutz von Rechten fur Fluchtlinge und Migranten in den Hintergrund zu geraten droht und regionale Anliegen uberlagert oder gar unterminiert werden. Daher bedarf es in Erganzung zu regionaler Migrationsgovernance auf globaler Ebene verbindliche, universelle Mindest­standards in Form volkerrechtlich verankerter Rech­te und Schutznormen fur Fluchtlinge und Migranten. Gleich­zeitig sollte die regionale Ebene gestarkt werden. Denn sie kann wichtige Impulse fur die Ausweitung von Schutznormen und die Umsetzung geordneter, sicherer und regularer Migrationsbedingungen liefern. Die Staatengemeinschaft muss dies in den Verhandlungen zu den globalen Compacts berucksichtigen. Die Beitrage der deutschen und europaischen Entwicklungspolitik sollten sich auf folgende Bereiche konzentrieren: - Ausbau von Kapazitaten: Die Regionalorganisationen sollten in allen (und nicht nur sicherheitsrelevanten) Bereichen finanziell und technisch unterstutzt werden. - Austausch fordern: Dieser sollte zwischen regionalen Organisationen und globalen Akteuren und mit zivilgesellschaftlichen Akteuren gestarkt werden. - Einfluss erhohen: Die Rolle von Regionalorganisationen bei der Umsetzung, Erfolgsbeobachtung und Uberprufung der Compacts muss vorangetrieben werden. _____________________________ Anne Koch: Research division “Global Issues”, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) Benjamin Etzold: Bonn International Center for Conversion (BICC)
    • Correction
    • Source
    • Cite
    • Save
    • Machine Reading By IdeaReader
    0
    References
    0
    Citations
    NaN
    KQI
    []