Der Hessische Landbote und seine Lesbarkeit: Textstruktur, Adressatenbezug und Rezeption

2012 
0. Voruberlegung Fur gewohnlich nimmt die Forschung neben dem Text, dem selbstverstandlich immer das Hauptaugenmerk gilt – oder gelten sollte –, den Autor ins Visier, d.h. seine personliche und gesellschaftlich- milieugeschichtliche Disposition, von der man sich dann wieder Erkenntnisse uber den Text erhofft. Dem dritten Fixpunkt der Kommunikationssituation, namlich dem Rezipienten, wird oftmals vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt, ist er doch auch eine schwer festzumachende Grose, die sich halb in Form eines mehr oder minder expliziten Adressatenbildes im Text spiegelt und halb auserhalb des Textes in Form von sozialgeschichtlichen Untersuchungen und Statistiken zu einem kaum fassbaren Schemen gerat. Auch die meisten Abhandlungen zum Hessischen Landboten konzentrieren sich primar auf die Flugschrift selbst und auf ihre beiden Verfasser, Georg Buchner und Friedrich Ludwig Weidig. Dies ist umso verstandlicher, da der Hessische Landbote ein editionsphilologisches Problem besonderen Ausmases darstellt: Trotz umfangreicher und akribischer Forschungen ist nicht eindeutig zu klaren, welchem Verfasser welcher Textanteil zugeschrieben werden kann. 1 Die heutige Textgestalt bietet sich vielmehr als ein Palimpsest dar, an dessen Oberfl ache deutliche Strukturbruche erkennbar sind, die mogliche – jedoch niemals zweifelsfreie – Ruckschlusse auf den jeweiligen Urheber zulassen. Die Autorschaft bleibt also im Detail ungewiss, ein Umstand, der die Buchner- Wissenschaft lange umgetrieben hat. Jedoch sollte bei der Bearbeitung dieser durchaus wichtigen Problematik nicht auser Acht gelassen werden, dass eine Rekonstruktion der Juli- Fassung des Landboten ja immerhin vorliegt und der heutige Leser somit die – vermutlich – gleiche Textgrundlage hat wie der damalige Rezipient – dem ohnehin die Verfasser nicht bekannt waren, da es sich um eine anonyme Flugschrift handelte. Vor dem Hintergrund dieser Voruberlegungen soll in vorliegendem Beitrag versucht werden, die Adressatenbezogenheit des Hessischen Landboten
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