Pflegefinanzierung in Österreich: Nachhaltigkeit und Reformoptionen

2018 
Im Jahr 2016 beliefen sich offentliche Pflegeausgaben in Osterreich laut OECD auf 4,3 Mrd. Euro bzw. 1,2 Prozent des BIP. Die Analyse der langfristigen Entwicklung dieser Ausgaben mit dem Schulden-Check von EcoAustria zeigt, dass sie bis zum Jahr 2060 auf 2,3 Prozent des BIP zunehmen werden. Das entspricht einem Anstieg der Ausgabenquote um 1,1 Prozentpunkte bzw. knapp einer Verdopplung. Die Finanzierung dieser Kostensteigerung ist derweil allerdings noch ungeklart. Daher muss das System der Pflegefinanzierung in seiner jetzigen Verfassung als finanziell nicht nachhaltig angesehen werden. Daruber hinaus kann der Anstieg der Pflegekosten auch noch hoher ausfallen: So steigen die Lohne in den Herkunftslandern der derzeit in Osterreich tatigen Personenbetreuerinnen in der 24-Stunden-Pflege deutlich kraftiger als in Osterreich, was die Personalkosten in der Pflege ansteigen lassen wird. Auch fuhrt die niedrige Fertilitatsrate in Osterreich nicht nur zu einem Ruckgang des Pflegekraftepotenzials, sondern insbesondere auch zu einem Ruckgang der Anzahl der Kinder, die fur die innerfamiliare Pflege in Frage kommen. Die steigende Frauenerwerbsquote spricht ebenfalls fur einen steigenden Anteil der formellen und kostenintensiveren Pflege. Aufgrund der offenen Finanzierung der Ausgabensteigerungen im Pflegebereich werden im vorliegenden Beitrag drei Reformvarianten diskutiert: (1.) steuerfinanziertes System mit und ohne zweckgebundenem Fonds, (2.) umlagefinanziertes Sozialversicherungssystem mit einkommensabhangigen Beitragen und (3.) eine kapitalgedeckte Versicherungspflicht mit Solidarabsicherung. Die Analyse anhand verschiedener Kriterien zeigt, dass keines der Systeme im Hinblick auf alle Kriterien punkten kann. Im Hinblick auf die finanzielle Nachhaltigkeit ist die kapitalgedeckte Versicherungspflicht mit Solidarabsicherung aufgrund der Bildung eines Kapitalstocks den beiden anderen Systemen uberlegen. Damit verbunden ist auch ein hoheres Mas an Gleichbehandlung unterschiedlicher Generationen im Hinblick auf die Finanzierungsbelastung. Umverteilungsmoglichkeiten gibt es im System kapitalgedeckter Versicherungspflicht jedoch nicht, sodass in diesem Fall ein Solidarausgleich fur Haushalte mit niedrigen Einkommen implementiert werden sollte. Einer hoheren Volatilitat auf den Kapitalmarkten stunden die Moglichkeit internationaler Risikodiversifizierung und hohere Effizienzanreize gegenuber. Je nachdem welchen der Kriterien man besonderes Gewicht beimisst, fallt das Votum fur das eine oder andere System der Pflegefinanzierung aus. Der vorliegende Beitrag verzichtet bewusst auf die Gewichtung, die im Rahmen des demokratischen Willensbildungsprozesses vorgenommen werden muss. Bei einer etwaigen Umstellung auf ein kapitalgedecktes System konnte ein Gutteil der Umstellungskosten uber eine Anhebung des Pensionsantrittsalters finanziert werden. Das wurde nicht nur zu einer Stabilisierung des Pensionssystems beitragen, sondern es kame aufgrund des langeren Erwerbslebens auch zu erheblichen Mehreinnahmen im Bereich der Steuern und Sozialversicherungsabgaben, die zur Finanzierung des Systemubergangs zur Verfugung stunden.
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