Medizinischer Kinderschutz während des Corona-Lockdowns

2021 
Es gibt Anhaltspunkte dafur, dass die Gefahr von Kindesmisshandlung, sexuellem Kindesmissbrauch und Vernachlassigung wahrend der strengen Kontaktbeschrankungen im pandemiebedingten Lockdown zugenommen hat, wahrend der Wegfall der gewohnten Mechanismen zur sozialen Kontrolle mutmaslich zu einer Zunahme des Dunkelfelds gefuhrt hat. Anhand der Kinderschutzfallzahlen und -qualitaten deutscher Kinderkliniken und Kinderschutzambulanzen sollen Aussagen uber Haufigkeit und Schwere vermuteter Kindeswohlgefahrdung wahrend des pandemiebedingten Lockdowns getroffen werden. Im Mai 2020 erfolgte eine Onlinebefragung mit Items a) zur Beschreibung der Institution, b) zur nach Alter, Gewaltform und Schweregrad differenzierten Anzahl von Kinderschutzfallen in Marz/April 2019 und 2020 sowie c) zu Besonderheiten und Ideen fur den Kinderschutz wahrend der Pandemie. In einer Vollerhebung wurden 343 Kinderkliniken und medizinische Kinderschutzambulanzen zur Onlinebefragung eingeladen; die Teilnahmequote lag bei 46 %. Es gaben 81 Einrichtungen Gesamtfallzahlen fur Marz/April 2019 und Marz/April 2020 an. Bei den Ambulanzen konnte ein Ruckgang von 454 auf 387 Falle (−15 %) verzeichnet werden, bei den Kinderschutzgruppen von 307 auf 246 (−20 %). Hinsichtlich der Altersgruppen und der Formen der Gefahrdung fanden sich keine signifikanten Unterschiede. Die Untersuchung beschreibt einen Ruckgang der absoluten Fallzahlen im medizinischen Kinderschutz wahrend des Lockdowns im Marz und im April 2020. Dieses Ergebnis stutzt die Vermutung, dass das Dunkelfeld gefahrdeter Kinder weiter gestiegen sein konnte. Weitere Datenerhebungen nach dem Lockdown werden die langerfristigen Auswirkungen besser bewerten konnen.
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