Digitale Spaltung oder Überwindung des Raums? Zur Digitalisierung des Handwerks unter Berücksichtigung von ländlichen Regionen

2021 
Die Digitalisierung gehort zu den grosen Zukunftsthemen fur Mittelstand und Handwerk. In diesem Zusammenhang wird haufig vermutet, dass gerade der landliche Raum und die dort ansassigen Unternehmen beim Einsatz neuer, digitalbasierter Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien bzw. IKT) im Vergleich zu urbanen Regionen zuruckbleiben. Dies wirft die Frage nach der Digitalisierung des Handwerks auf - denn fur die wirtschaftliche, soziale und technologische Entwicklung von landlichen Regionen sind gerade handwerkliche KMU von groser Bedeutung. Wahrend bisherige Studien sich bereits das Digitalisierungsverhalten von Handwerksbetrieben angesehen haben, fehlte bislang eine Untersuchung, welche die Nutzung digitaler IuK-Technologien zwischen handwerk-lichen und nicht-handwerklichen KMU auf reprasentativer Basis vergleicht und dabei insbesondere auch einen Blick auf die Lage im landlichen Raum wirft. Die vorliegende Untersuchung zeigt diesbezuglich, dass im Falle einer Betrachtung uber alle Regionen und Wirt-schaftszweige hinweg Handwerksbetriebe gegenuber nicht-handwerklichen KMU bei der Umsetzung der digitalen Transformation kaum nachstehen. Vorliegende Nutzungsunterschiede bei einzelnen IuK-Technologien lassen sich hauptsachlich auf die kleinbetrieblicheren Strukturen im Handwerk zuruckfuhren. Wird nur der landliche Raum in den Blick genommen, fallen die Nutzungsunterschiede zwischen Handwerk und Nicht-Handwerk bei einer Reihe von digitalen Technologien noch geringer aus. Dies bestatigt, dass gerade Handwerksbetriebe ein wichtiges Potenzial von landlichen Regionen darstellen. Ein relativ starkes Zuruckfallen des Handwerks bei der Umsetzung der digitalen Transformation zeigt sich hingegen, wenn der Blick nur auf das Verarbeitende Gewerbe gerichtet wird. Eine mogliche Erklarung hierfur sind die Grosennachteile der kleinen industrienahen Handwerksbetriebe. Gleichzeitig ist zu berucksichtigen, dass das Digitalisierungsgeschehen im Handwerk sehr vielfaltig ist. So zeigt eine empirische Typisierung, dass - im Einklang zum Reifegradmodell der Digitalisierung - von vier Digitalisierungstypen handwerklicher KMU auszugehen ist: "Analoge Betriebe", "Digitale Beginner", "Teilnehmer der Plattformokonomie" und "Digitale Vorreiter beim Handwerk 4.0". Diesbezuglich verdeutlicht eine raumliche Betrachtung, dass an der Plattformokonomie partizipierende Handwerksbetriebe eher in stadtischen Regionen ansassig sind. Interessanterweise haben dagegen sowohl die "analogen" Betriebe der ersten Gruppe als auch die "digitalen Vorreiter" der vierten Gruppe in der Tendenz ihren Standort eher im landlichen Raum. Am Beispiel des handwerklichen Mittelstands zeigt sich somit, dass die sog. "Digital Divide"-These (im Sinne einer digitalen Spaltung zwischen Stadt und Land) und die sog. "Death of Distance"-These (im Sinne der raumuberwindenden Wirkungen digitaler IuK-Technologien) offenbar gleichberechtigt ihre Gultigkeit haben.
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