Braucht die Fachsektion Hydrogeologie Einfluss auf die Politik

2001 
im Juni veranstaltete die UNESCO in Lissabon eine Tagung mit dem Thema “Future Groundwater Resources at Risk”. Einleitend zur Abschlussdiskussion gab der Schwede Ulf von Bromssen einen Kommentar ab, den viele Teilnehmer sehr ernst nahmen. Er fuhrte aus, Hydrogeologie sei bei Politikern eine unbekannte Wissenschaft und nicht etwa ein Synonym fur alles, was mit dem Begriff Grundwasser in Verbindung steht. Er machte damit deutlich, dass nicht nur in Deutschland ein Defizit bei der Begriffseinordnung bei Politikern besteht. Auch die Beitrage von Fachkollegen aus anderen Landern bestatigten diese Aussage. Die Erkenntnisse, die zur nachhaltigen Nutzung der Ressource Grundwasser vorgetragen wurden, zeigten die unbedingte Notwendigkeit, dass auf die Legislative Einfluss ausgeubt werden muss, wenn das Risiko der Fehlnutzung minimiert werden soll. In der Begrundung zur Wasserrahmenrichtlinie fuhrt die EU-Kommission unter (12) aus, dass die Umweltpolitik, die das Wasser allgemein mit einschliest, auf der Basis von wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen beruhen soll (Artikel 174 des EU-Vertrages). Fur das Grundwasser kann dies nur durch Hydrogeologen geleistet werden. In der Zeitschrift Grundwasser 1/99 hat Holger Knoke das Editorial mit dem Titel “Grundwasser und Politik” geschrieben. In seiner Analyse kam er zu dem Ergebnis, dass die Zeitschrift ein Forum fur Diskussionen uber den Einfluss in Ausschussen usw. sein konnte. Die Geschaftsordnung der Fachsektion ist die Basis seines Artikels gewesen und es stellt sich sogleich die Frage, ob die nach innen gekehrte Diskussion den notwendigen Einfluss auf andere Gremien und speziell auf die Politik und hiermit auf Verordnungen und Gesetze zu erbringen vermag. Die Politiker, die ich aus dem In- und Ausland kennengelernt habe, konnten mit dem Begriff Hydrogeologie wenig anfangen und mussten uber den Zusammenhang zur Grundwasserbewirtschaftung aufgeklart werden. Entscheidend ist hierbei sicher, dass das Wort Geologie in unserer Fachrichtung steht und Geologie nicht mit Grundwasser in Verbindung gebracht wird. Nur sind Geologen allgemein kaum in der Lage einen Politiker uber Hydrogeologie aufzuklaren. Es stellt sich also die Frage, ob Hydrogeologen nicht einen gesellschaftspolitischen Auftrag haben und hierzu eine hydrogeologische Standesvertretung benotigen, auch wenn dies unsere Satzung nicht vorsieht. Nur so konnen wir dem hochsten Schutzgut gerecht werden. In seinen Ausfuhrungen zur Wasserrahmenrichtlinie druckt die EU-Kommission unter (1) aus, dass Wasser ganz allgemein ein besonderes Gut ist und entsprechend behandelt werden muss. Konnen Hydrogeologen es also hinnehmen, dass Politiker auf deren Sachverstand verzichten, sind wir doch in den entsprechenden Behorden unterreprasentiert oder nicht vertreten? Ohne die notwendigen Kenntnisse werden Politiker bei ihren Entscheidungen auch in der Zukunft ungewollt das Grundwasser nicht so berucksichtigen, wie dies notwendig ware. Dies kann sich meines Erachtens nur dann andern, wenn die Fachsektion sich von der allgemeinen Geologie freischwimmt und eigenstandig und bewusst auftritt. Nur die Hydrogeologen sind in der Lage die notwendigen Kenntnisse an die Legislative zu vermitteln. Hierfur kann die Zeitschrift Grundwasser das Forum sein, das sich Holger Knoke wunscht. Hierzu wird es aber auch notwendig sein, dass Artikel verstandlich zu den Fragen der Politik Stellung beziehen. Die Ergebnisse der Forschung und der praxisnahen Artikel mussen transponierbar und von einer Lobby nachdrucklich vertreten werden. Eine Lobby, wie sie die anderen Verbande haben. Hier wurde in der Vergangenheit viel versaumt. So kommt es, dass die EU-Wasserrahmenrichtlinie keine hydrogeologische Handschrift tragt. Denken wir uber unsere Rolle in der Gesellschaft nach, so mussen wir eigentlich zu dem Schluss kommen, dass wir, nein, dass das Grundwasser eine eigene Lobby braucht und diese auch vertreten werden muss. Dies kann nicht der Vorsitzende irgendeiner geologischen Gesellschaft sein. Die Hydrogeologen sind es sich selbst schuldig, dass Sie Einfluss nehmen und ihre Erkenntnisse und Erfahrungen in die Gesellschaft einbringen. Es wird eine Vertretung mit Mandat benotigt, die in allen Ministerien, in denen das Grundwasser durch Nutzung oder Bewirtschaftung eine Rolle spielt, die Tatigkeit der Hydrogeologen erklart. Auch im Forschungsministerium ist dies notwendig, wie sonst lasst sich erklaren, dass im Geotechnologieprogramm die Bearbeitung des Grundwassers gar nicht angedacht ist. Betrachtet man die Situation nach dem Erlass der EU-Wasserrahmenrichtlinie und die Problematik, die um das Grundwasser herum weltweit festgestellt werden kann, so ist die Uhr eine Minute vor zwolf. Umweltvertragliche, nachhaltige Losungen verlangt die Agenda 21, die in Europa und Deutschland Gultigkeit hat. Ohne Hydrogeologen wird man sie fur das Grundwasser nicht losen konnen, doch wissen die Politiker, die die Entscheidungen fallen mussen, dies uberhaupt? Ein Vorsitzender einer hydrogeologischen Gesellschaft, mit Mandat und nicht mit Maulkorb, ist gefordert.
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