Experimentelle Studie zum Vergleich bestehender Methoden und Entwicklung einer neuen, computernavigierten Methode zur Bestimmung der tibialen Reklination (Tibial Slope)
2014
In der vorliegenden experimentellen Studie wurden verschiedene Referenzachsen und bildgebende Verfahren zur Bestimmung der tibialen Reklination (Tibial Slope) verglichen. Zudem wurde eine neue, computernavigierte Methode zur Bestimmung des Tibial Slope entwickelt und anhand eines Prototyps validiert.
Tibial-Slope-Werte, die unter Verwendung von lediglich einer einzigen anatomischen Referenz (PTC bzw. ATC, posteriore bzw. anteriore tibiale Corticalis) ermittelt wurden, wiesen eine erhohte Anfalligkeit gegenuber Einflussfaktoren wie anatomischen Varianten oder Messfehlern auf. Fur die geometrisch aus PTC und ATC gemittelte Referenzachse (TPAA) konnten eine hohe Validitat und Reliabilitat bestatigt werden. Der neu eingefuhrte, arithmetisch gemittelte Wert (MPA, Mittelwert aus posteriorer und anteriorer Corticalis) wies eine exzellente Korrelation zum etablierten TPAA-Wert auf. Im Gegensatz zu diesem konnte der neue MPA-Wert jedoch einfacher bestimmt sowie in zusatzlichen Szenarien angewandt werden.
Computer- und Kernspintomografie zeigten sich bei der exakten Bestimmung des Tibal Slope als ebenburtig und wiesen identische Werte auf, z. B. bei der Vermessung der Knochen mittels digitalem Goniometer. In der MRT lassen sich zwar verlassliche Werte erheben, jedoch ist nach Anfertigung der Aufnahmen keine Korrektur der Aufnahmeebenen moglich. Um den exakten Tibial Slope anhand konventioneller Rontgenaufnahmen verlasslich ermitteln zu konnen, zeigte sich eine streng laterale Aufnahme als notwendig, die jedoch eine Diskriminierung von medialem und lateralem Tibial Slope erschwert. Unter der Voraussetzung der korrekten Ausrichtung wiesen selbst kurze Rontgenaufnahmen, wie diese von der Grose her im Klinikalltag Verwendung finden, eine exzellente Korrelation zu mittels Computertomografie erhobenen Tibial-Slope-Werten auf. Trotz vergleichbarer Reliabilitat der gegenubergestellten konventionellen Methoden scheint die Computertomografie fur den klinischen Alltag aufgrund der hohen Verfugbarkeit, einfachen Anwendbarkeit sowie der Moglichkeit des Einsatzes bei einem breiten Patientenspektrum als am geeignetsten.
Um der erschwerten exakten Ausrichtung im Klinikalltag Rechnung zu tragen, wurden im konventionellen Rontgen die Auswirkungen einer Fehlrotation des Praparats im Strahlengang auf den gemessenen Tibial Slope naher untersucht. Der nicht direkt proportionale Zusammenhang zwischen Fehlrotation und gemessenem Tibial Slope konnte erstmalig mit einer mathematischen Formel dargestellt werden. Im Wissen um den Grad der Fehlrotation gelang es anhand der Formel, den wahren Tibial-Slope-Wert zu errechnen. Ein neu entwickelter Prototyp ermoglichte es, die dreidimensionale Lage und Position des Knies in Echtzeit im Strahlengang zu verfolgen und so die Fehlrotationen bei der Anfertigung von Rontgenaufnahmen zu ermitteln. Uber eine grafische Benutzeroberflache des Prototyps konnten alle Bewegungen der Tibia verfolgt und der am Rontgenbild gemessene, durch Fehlrotation verfalschte Wert korrigiert werden. Im Rahmen der Versuchsreihe liesen sich Funktionsfahigkeit, Genauigkeit und Verlasslichkeit von entwickelter Software und Prototyp validieren. Die neue Methode ermoglichte unter praxisnahen Bedingungen eine Bestimmung des Tibial Slope im konventionellen Rontgen, deren Validitat und Reliabilitat bisher dreidimensionalen bildgebenden Verfahren vorbehalten waren.
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