Bildungs-Card: Richtige Antwort auf das Urteil zu den Hartz-IV-Regelsätzen?

2010 
In seiner Entscheidung vom 9. Februar 2010 hat das Bundesverfassungsgericht eine Neugestaltung der Regelsatze in der Grundsicherung fur Arbeitssuchende gefordert. Die Regelleistungen fur Kinder und Jugendliche mussen in Zukunft nicht mehr von den Leistungen fur Erwachsene abgeleitet, sondern eigenstandig berechnet werden, und Kinder und Jugendliche haben einen Rechtsanspruch auf Bildungsforderung. Kann eine Bildungs-Card gewahrleisten, dass diese Leistungen den Kindern und Jugendlichen zugutekommen? Ursula von der Leyen, Bundesministerin fur Arbeit und Soziales, erlautert ihr Konzept: »Ein elektronisches Zahlungs- und Verrechnungssystem erteilt keine Lernforderung, gibt nicht das warme Mittagessen in der Schule aus und macht aus keinem Einzelganger einen Teamplayer im Sportverein. Aber die elektronische Bildungskarte sichert die unburokratische Abrechnung. Sie ist ein Instrument, das die Unterstutzung der Gesellschaft direkt zum Kind bringt.« Und die Bildungskarte lasst sich flexibel an kommunale Strukturen anpassen. Christine Haderthauer, Staatsministerin fur Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen des Freistaats Bayern, widerspricht dieser Auffassung. Fur sie bringt ein Gutscheinsystem »unser Land familienpolitisch nicht weiter, weil es zu einer Spaltung der Familien in unserem Land fuhren kann. Es konnte einen Graben ziehen, und zwar zwischen denjenigen, die frei und selbstverantwortlich fur ihre Kinder sorgen konnen, und denjenigen, die durch ein Chipkartensystem als ›schwarze Schafe‹, die nicht mit Geld umgehen konnen, gebrandmarkt sind.« Gerd Landsberg, Deutscher Stadte- und Gemeindebund, erlautert den Vorschlag des DStGB. Danach sollten die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Regelsatzen fur Kinder nicht durch hohere Geldleistungen, sondern durch sog. Teilhabepakete ahnlich der von Bundesarbeitsministerin von der Leyen vorgeschlagenen Bildungskarte umgesetzt werden. Der Gesetzgeber sollte sich auf die Aufgabe konzentrieren, die Bedarfe der Kinder, insbesondere fur die Teilnahme am Schulleben und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, zu bewerten und sicherzustellen. Auch Axel Plunnecke, Institut der deutschen Wirtschaft Koln, sieht Vorteile der Bildungs-Card: »Finanzielle Transfers helfen Kindern mit besonderem Forderbedarf allerdings weniger als Unterstutzungs und -Aufklarungsmasnahmen. Daher ist der Aufbau einer solchen Unterstutzungsinfrastruktur (Familienhebammen, Familienzentren, Krippen) wichtig. Die Bildungs- Card erganzt diesen Infrastrukturausbau und sorgt dafur, dass der Auftrag des Verfassungsgerichts zielfuhrend umgesetzt wird.« Fur Holger Bonin, Zentrum fur Europaische Wirtschaftsforschung, Mannheim, ist die Bildungs-Card der grundsatzlich richtige Ansatzpunkt. Mit dem Ziel der Forderung der kognitiven und nicht-kognitiven Entwicklung von Kindern aus benachteiligten, vielfach bildungsfernen Elternhausern erscheine sie als ein Element eines sich abzeichnenden sozialpolitischen Paradigmenwechsels.
    • Correction
    • Source
    • Cite
    • Save
    • Machine Reading By IdeaReader
    1
    References
    0
    Citations
    NaN
    KQI
    []