Klinische Nachzulassungsstudien im Rahmen der Therapieallergene-Verordnung (TAV): Eine systematische Recherche

2021 
Zusammenfassung Mit der Einfuhrung der Therapieallergene-Verordnung (TAV) sollen die im Bestandsmarkt befindlichen, bisher nicht zugelassenen Therapieallergene hinsichtlich ihres Nutzen-Risiko Verhaltnisses uberpruft werden als Grundvoraussetzung fur eine arzneimittelrechtliche Zulassung. Die pharmazeutischen Unternehmer sind aufgefordert klinische Studienprogramme durchzufuhren. An diesem Prozess wird Kritik geubt, da dieser zu langen Ubergangsfristen fuhren kann, sodass Patienten uber wahrscheinlich zwei Jahrzehnte hinweg mit Praparaten behandelt werden, deren Wirksamkeit bisher nicht belegt ist und ggf. niemals belegt wird. So kann die TAV durch pharmazeutische Unternehmer genutzt werden, um finanzielle Mittel aus der Patientenversorgung trotz fehlendem bzw. ausstehendem Wirksamkeitsnachweis abzuschopfen. Ziel dieser Arbeit ist es, die kritischen Praparate aufzulisten, fur welche seit Beginn der TAV 2008 keine offentlich zugangliche Studienaktivitat zu verzeichnen ist. Hierfur wird das europaische Clinical Trials Register (clinicaltrialsregister.eu) und das amerikanische Studienregister (ClinicalTrials.gov) systematisch durchsucht. Hierbei soll folgende im Sinne der TAV folgerichtige Hypothese uberpruft werden: „Fur die im TAV-Prozess befindlichen Praparate wurden in den vergangenen Jahren Studienprogramme durchgefuhrt, die Praparate stehen mehrheitlich kurz vor einer Zulassung durch das PEI“. Die Hypothese wird mit den Erkenntnissen dieser Arbeit widerlegt. Tatsachlich lasst sich aktuell kein Praparat identifizieren, welches kurz vor der Zulassung im Rahmen der TAV steht. 61 Praparate befinden sich derzeit noch im TAV-Prozess, lediglich zwei Praparate haben diesen bereits erfolgreich durchlaufen. Es gilt zu bedenken, dass mit einem Studienprogramm mehrere Praparate derselben Produktgruppe und derselben homologen Gruppe zugelassen werden konnen, indem die Zulassung zum Beispiel fur Fruhbluher (Birke, Erle, Hasel) und Birke vergeben wird. Werden die insgesamt 63 (61 + 2) Praparate in den homologen Gruppen – Baume, Graser, Milben und Mischungen – zusammengefasst, bleiben 33 Praparate, die sich wie folgt klassifizieren lassen: • 17 Praparate ohne Studienbeginn (inkl. ein Praparat mit einer fehlgeschlagenen Studie ohne weitere Aktivitat): Fur 12 der 33 Praparate kann keine Studienaktivitat festgestellt werden. Fur ein weiteres Praparat wurde eine Negativstudie gefunden. Da es sich hierbei jedoch um eine altere Phase III-Studie (Studienbeginn im Jahre 2008) ohne vorherige Phase II-Studie handelt, ware diese wahrscheinlich ohnehin ohne Relevanz fur den TAV-Prozess geblieben. Da fur dieses Praparat ansonsten keine weitere Aktivitat nach der fehlgeschlagenen Studie zu erkennen ist, wurde dieses in die Liste der Praparate ohne Studienaktivitat einklassifiziert, somit 13 Praparate (12 + 1). Bei weiteren vier Praparaten handelt es ich um Mischungen (drei Graser-Baume- und eine Graser-Krauter-Mischung) ebenfalls ohne Studienbeginn im Rahmen der TAV. Daher wurde fur insgesamt 17 Praparate keine zielfuhrende Studienaktivitat im Rahmen der TAV begonnen. • Ein Praparat mit Zulassung im Rahmen der TAV (zwei Studien): Ein Praparat hat den Prozess erfolgreich durchlaufen. Hierfur wurden zwei Studien durchgefuhrt. • 15 Praparate im Zulassungsprozess (33 Studien): Zu den 15 restlichen Praparaten wurden insgesamt 33 Studienaktivitaten (Phase II- & Phase III-Studien) gesichtet. Fazit: Insgesamt 33 Praparate mit insgesamt 36 Studien (inkl. o.g. Negativstudie) im TAV Prozess: Fur die 33 im TAV Prozess befindlichen Praparate werden/wurden 36 Studien (Dosisfindungsstudien: Phase II oder Wirksamkeitsstudien: Phase III) im Rahmen des Screenings gefunden, die potentiell fur die TAV Relevanz haben konnten. Fur 15 dieser Studien wurden ordnungsgemas die Ergebnisse im europaischen Studienregister hinterlegt. Fur weitere 13 Studien sind die Ergebnisse im Studienregister nicht hinterlegt, obwohl diese als abgeschlossen gekennzeichnet sind. Fur vier Studien wurden keine Informationen im europaischen Studienregister hinterlegt, der Status dieser Studien bleibt ungewiss. Vier Studien sind noch nicht abgeschlossen. Eine Empfehlung zur Verordnung eines bestimmten SIT-Praparates durch einen verantwortungsvollen Arzt kann jedoch erst nach angemessenem Beleg fur dessen Wirksamkeit ausgesprochen werden. Fur Praparate, welche uber zehn Jahre nach Einfuhrung der TAV noch keinen Studienbeginn verzeichnen, ist es sehr fraglich, ob eine Zulassung noch erreicht werden kann bzw. diese uberhaupt angestrebt wird. Zudem veroffentlichen manche pharmazeutischen Unternehmer offensichtlich ihre Studienergebnisse nicht. Andere Unternehmen sind Ihren Pflichten nachgekommen. Dieser Publikation ist zusammenfassend zu entnehmen, dass es fur die drei inhalativen Hauptallergene (Graser, Baume und Milben) bereits heute eine Auswahl an zugelassenen, evidenzbasierten und wirksamen Alternativen, sowohl fur die subkutane (SCIT), als auch die sublinguale (SLIT) Applikation von verschiedenen Herstellen auf dem Markt gibt. Der Einsatz von zugelassenen und nachweislich wirksamen Therapien ist im Sinne einer leitliniengerechten, sinnvollen Versorgung der Patienten unerlasslich.
    • Correction
    • Source
    • Cite
    • Save
    • Machine Reading By IdeaReader
    12
    References
    0
    Citations
    NaN
    KQI
    []