Expression und Regulation von Selenoproteinen in der humanen onkozytären Schilddrüsenkarzinom-Zelllinie XTC.UC1

2004 
Die Schilddruse gehort zu den Organen mit dem hochsten Gehalt an Selen (Se). Dieses ist hauptsachlich in Form von Selenoproteinen gebunden. Hierzu gehoren die 5'DI, die in den Stoffwechsel der Schilddrusenhormone involviert ist, die TRxR, die unter anderem die Redoxstatus-abhangige Aktivitat verschiedener Transkriptionsfaktoren reguliert, SePP, ein Protein, dem vor allem eine Funktion als Transportprotein zugeschrieben wird, und einige GPx, die wahrend der H2O2-abhangigen Schilddrusenhormonbiosynthese eine Rolle beim Abbau von H2O2 spielen. Die Zelllinie XTC.UC1 ist eine hoch differenzierte Schilddrusenkarzinom-Zelllinie. Sie wurde aus der Weichteilmetastase eines onkozytaren Schilddrusenkarzinoms (Hurthle-Zell-Karzinoms). Hurthle-Zell-Karzinome weisen charakteristische Anomalien auf, wie z.B. eine hohe Zahl an Mitochondrien und verminderten Iodidtransport. Vermehrte Mitochondrien erzeugen eine erhohte Belastung durch reaktive Sauerstoffspezies (ROS). Dies wirft die Frage auf, ob die Expression von Selenoproteinen, die in erster Linie fur den Schutz der Zellen vor oxidativer Schadigung verantwortlich sind, in Hurthle-Zell-Tumoren intakt ist. Im Rahmen der Arbeit wurde die Synthese der oben genannten Selenoproteine in XTC-Zellen uberpruft. Retinsaure (RA) bewirkt bei masig differenzierten Schilddrusenkarzinom-Zelllinien wie FTC 133 und 238 eine partielle Redifferenzierung. Aufgrund des seltenen Ansprechens auf eine Radioiodtherapie und der vergleichsweise hohen Tendenz oxyphiler Tumorzellen zur weiteren malignen Entartung wurde die Reaktion von XTC-Zellen auf eine Stimulation mit RA untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Aktivitaten der untersuchten Selenoproteine in XTC-Zellen mit den Aktivitaten in anderen Schilddrusenzelllinien vergleichbar sind. Die GPx-Aktivitat steigt nach Se-Behandlung bis zu einem Maximum bei 300 nmol/l Na2SeO3 an. In der Zeitkurve wird auch nach 144 h Inkubation kein Plateau erreicht. Sie ist klar von der Se-Konzentration im Kulturmedium abhangig und kann als Marker fur den Se-Status betrachtet werden. Die Aktivitat der TrxR wird in der Dosiskurve schon durch 1 nmol/l Na2SeO3 stimuliert und in der Kinetik nach 24 h. Beide Kurven steigen abrupt an und erreichen rasch ein Plateau. Hohere Na2SeO3-Konzentrationen oder langere Inkubation haben keinen zusatzlichen Effekt. GPx und TRxR konnen mittels Enzymassay auch in konditioniertem Medium nachgewiesen werden. Auch SePP kann im Western Blot aus konditioniertem Medium nachgewiesen werden, zeigt aber keine Reaktion auf Na2SeO3-Stimulation. Uberraschende Ergebnisse zeigt die Untersuchung der 5'DI-Aktivitat: Bei Passagenzahlen zwischen 20 und 22 wird die Aktivitat der 5'DI zeit- und dosisabhangig durch Na2SeO3 stimuliert. Bei Passagenzahlen zwischen 28 und 31 reagiert die 5'DI nicht langer auf Stimulation mit Na2SeO3, kann aber durch zusatzliche Stimulation mit 1 µmol/l RA wieder induziert werden. Dieses ungleiche Ansprechen auf Se- und RA-Stimulation entspricht der unterschiedlichen Regulation des Enzyms in verschiedenen Schilddrusenzelllinien: In differenzierten Zelllinien wie FRTL-5, wo eine hohe basale Aktivitat an 5'DI vorhanden ist, zeigt RA keinen Einfluss. In eher entdifferenzierten follikularen Karzinom-Zelllinien wie FTC 133 und 238 ist die basale 5'DI-Aktivitat niedrig, kann durch Behandlung mit RA aber induziert werden. Dieser Wechsel in der Reaktion auf Se und RA vollzieht vermutlich einen Teil der Veranderungen nach, die wahrend der Entdifferenzierung normaler Thyrozyten zu follikularen Tumorzellen auftreten. Die Selenhierarchie unter den verschiedenen Selenoenzymen ist auch in XTC-Zellen intakt. Wie in anderen Systemen wird die 5'DI in XTC-Zellen im Vergleich zur cGPx bevorzugt mit Se versorgt. Bereits Konzentrationen von 1 nmol/l Na2SeO3 bewirken einen deutlichen Aktivitatszuwachs. Bei Se-Depletion kann man noch 5 Tage nach Beginn des Se-Entzugs 50 % der Maximalaktivitat messen, Hinweis auf eine Umverteilung des Se zugunsten der 5'DI. Insgesamt sind also Expression und Aktivitat der untersuchten Selenoenzyme in XTC-Zellen im Vergleich mit anderen Schilddrusenzelllinien nicht erhoht, wie man es als Reaktion auf eine verstarkte Belastung durch ROS erwarten konnte. Andererseits ist die Aktivitat auch nicht vermindert, was als Ursache fur eine besonders ausgepragte oxidative Zellschadigung inklusive DNA-Mutation und eine dadurch geforderte Tumorentstehung gewertet werden konnte. Diese Resultate bieten keinen Anhaltspunkt fur eine Rolle von Selenoenzymen bei der Entstehung dieser Art von Schilddrusentumoren. Ferner scheint die Responsivitat verschiedener Selenoproteine auf Stimulation mit Na2SeO3 in XTC-Zellen von Passagenzahl oder Differenzierungsstadium abhangig zu sein. Diese Zelllinie konnte daher ein interessantes Modell darstellen, um das Ansprechen menschlicher Schilddrusenkarzinome auf eine Redifferenzierungstherapie mit RA und evtl. Adjuvanzien wie Se weiter zu untersuchen.
    • Correction
    • Source
    • Cite
    • Save
    • Machine Reading By IdeaReader
    0
    References
    0
    Citations
    NaN
    KQI
    []