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Beim Bau des Denkmals (1926–1946)

1965 
Uber die „Geistigen Neigungen in Deutschland“ schrieb Heinrich Mann im Jahre 1925: „Altere Dichter wurden seit dem Bestehen der Republik zu offiziellen Festlichkeiten hinzugezogen, wenn auch nur als wehmutige Erinnerungen an bessere Tage. Man liest sie sogar aus Wehmut126.“ Als die Preusische Akademie der Kunste ihn wenige Jahre spater zum Ersten Vorsitzenden der Sektion fur Dichtkunst wahlte, hatte sie mit diesem Amt demnach eine recht unzeitgemase Personlichkeit betraut. Wahrend die neugeschaffene Institution des „Dichterprasidenten“ die schon 1918 von Thomas Mann ironisch erhobene „Forderung der politischen Stunde“ erfullte127, war der Schriftsteller Heinrich Mann vollauf damit beschaftigt, die richtigen Worte fur eine Welt zu finden, die Literatur und Dichtung zumeist skeptisch gegenuberstand. Ihre Skepsis lies sich freilich nicht im mindesten mit dem gespannten Verhaltnis zwischen dem „verruchten“ Vorkriegsautor und seinem biederen Publikum vergleichen. Der Schriftsteller der Jahrhundertwende, oft als Rentier seinen asthetischen Neigungen lebend, war auch als „Paria der Hohe“ noch eine der „letzten Ausdrucksformen des Burgers“ gewesen128. Das burgerliche Bildungsideal hatte Dichter und Publikum einen gemeinsamen Wertmasstab verschafft, den selbst jene asthetischen Tropfe anerkannten, die nie hoffen durften, ihm je Genuge zu leisten, und daher von den literarischen Grosen bei jeder Gelegenheit mitleidslos verspottet wurden. In den Augen ihres Publikums nahmen die Spotter damit freilich nur eine vorgesehene Funktion wahr, und je beisender ihr Spott, desto untruglicher war dies ein Beweis fur die ordnungsgemase Durchfuhrung der Funktion.
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