Der Einfluss individueller und sozialer Faktoren auf die Rechenleistung von Drittklässlerinnen und Drittklässlern

2018 
Die Ergebnisse aktueller Schulleistungsstudien weisen darauf hin, dass es in Deutschland einen erheblichen Anteil an Grundschulerinnen und Grundschulern mit unzureichenden Mathematikleistungen gibt. Forderbedarf besteht insbesondere im Bereich der Arithmetik. Offensichtlich haben sich in den letzten Jahren die Mathematikleistungen der Grundschulkinder in Deutschland insgesamt verringert. Hierbei ist der Anteil an Kindern mit unzureichenden Mathematikleistungen gestiegen, der Anteil an Kindern mit herausragenden Mathematikleistungen hingegen gesunken. Nach wie vor ist in Deutschland hinsichtlich der Mathematikleistungen ein Geschlechtereffekt zugunsten der Jungen festzustellen. Der aktuelle Forschungsstand zu Bedingungsfaktoren der Rechenleistung von Schulerinnen und Schulern ist nicht zufriedenstellend. Offenkundig besteht hier noch Forschungsbedarf. Neben den Studien, in denen uberwiegend individuelle Einflussfaktoren auf die Rechenleistung untersucht wurden, geben die Ergebnisse von Studien zu Rechenstorungen sowie empirische Befunde zu Mathematikleistungen Anhaltspunkte fur Einflussfaktoren auf die Rechenleistung. Von besonderem Interesse war in der vorliegenden Arbeit die Frage, ob ausgewahlte individuelle und soziale Faktoren die Rechenleistung mitbestimmen und gemeinsam die Unterschiede in den Rechenleistungen erklaren konnen. Als individuelle Faktoren wurden die Intelligenzleistung, Konzentrationsleistung, Stressverarbeitungsstrategien sowie Verhaltensauffalligkeiten der Schulerinnen und Schuler und als soziale Faktoren das Alter und Geschlecht der Kinder, die Schulbildung der Eltern sowie kritische Lebensereignisse betrachtet. Zudem interessierte die Frage, inwieweit im Vergleich zur Schulleistung spezifische Einflussfaktoren auf die Rechenleistung identifiziert werden konnen. Es wurde eine Erhebung an 400 Drittklasslerinnen und Drittklasslern in 29 Grundschulklassen aus 17 Schulen im Raum Regensburg durchgefuhrt. Der Erhebung liegt ein Querschnittdesign zugrunde. Die Daten wurden in Form von Gruppentests und Fragebogen uber die Schulerinnen und Schuler, uber die Eltern und uber die Lehrkrafte der Kinder erhoben. Die Prufung des Einflusses und der Spezifitat der ausgewahlten Faktoren auf die Rechenleistung erfolgte mit dem statistischen Verfahren der multiplen linearen Regressionsanalyse. Die Ergebnisse weisen auf einen hohen Anteil an Schulerinnen und Schulern mit unzureichenden Rechenleistungen hin. Es wurde ein Modell aufgezeigt, mit dem sich circa 34 Prozent der Varianz in den Rechenleistungen erklaren lassen. Von allen untersuchten Faktoren hat die Konzentrationsleistung den starksten Einfluss auf die Rechenleistung. Die Gewichtung des Einflusses der Konzentrationsleistung auf die Rechenleistung ist hierbei im Vergleich zur Intelligenzleistung fast doppelt so hoch. Daruber hinaus wurde ein Modell vorgestellt, mit dem sich etwa 53 Prozent der Varianz in den Schulleistungen erklaren lassen. Die Ergebnisse der Regressionsanalysen zeigen, dass es gemeinsame, aber auch spezifische Einflussfaktoren auf die Rechenleistung und Schulleistung gibt. Erstmals wurden die ausgewahlten individuellen und sozialen Faktoren simultan in einem Vorhersagemodell fur die Rechenleistung betrachtet und die Spezifitat im Vergleich zur Schulleistung gepruft. Die vorliegende Arbeit weist jedoch einige konzeptuelle und methodische Einschrankungen auf. Diese betreffen vor allem die Wahl des Querschnittdesigns, die Reprasentativitat der Stichprobe und die Anzahl der untersuchten Faktoren. Mit dem multiplen linearen Regressionsverfahren war es moglich, fur einen explorativen Erkenntnisgewinn Erklarungsmodelle fur die Rechenleistung von Drittklasslerinnen und Drittklasslern zu erstellen. Der Effekt von Klassen und Schulen auf die Rechenleistungen der Schulerinnen und Schuler wurde damit aber nicht untersucht. Die Ergebnisse und deren Einordnung in den aktuellen Forschungsstand deuten insgesamt darauf hin, dass die Rechenleistung von Grundschulkindern von einem komplexen Zusammenspiel individueller, familiarer, schulischer und weiterer Faktoren im Kontext mitbestimmt wird. Die Berucksichtigung von allen Einflussfaktoren stellt fur die Forschung eine grose Herausforderung dar. In der Forschung besteht Einigkeit daruber, dass eine mathematische Grundbildung eine wesentliche Voraussetzung ist, um die personlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Herausforderungen zu meistern. Rechenleistungen sind hierfur keine hinreichende, aber doch eine notwendige Bedingung. Aus den Ergebnissen und dem aktuellen Forschungsstand wurde erstmals ein Annahmemodell zu Bedingungsfaktoren der Rechenleistung von Grundschulkindern abgeleitet und damit ein Ausblick auf die weitere Erforschung von Rechenleistung und ihren Einflussfaktoren gegeben. Sind die Einflussfaktoren auf die Rechenleistung identifiziert, konnen Praventionsansatze und Fordermasnahmen entwickelt und umgesetzt werden.
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