Functional interrelations of governance elements and their effects on tropical deforestation - combining qualitative and quantitative approaches

2021 
Die Waldflache nimmt v.a.in den Tropen weltweit weiter ab, obwohl sich die Nettoentwaldung verlangsamt hat. Die Entwaldung betrug in den 1990er Jahren 7,8 Mio ha pro Jahr und 4,7 Mio ha in den Jahren 2015 bis 2020. Governance gewinnt zunehmend Bedeutung als Masnahme um den Entwaldungstrend in den Tropen zu stoppen und umzukehren. Dabei bleibt die sog. „good governance“ ein normatives, breit gefasstes und oftmals unspezifisches Konzept, das vielfaltige Elemente und implizite Wertvorstellungen beinhaltet. Uber die relative Bedeutung der einzelnen Governanceelemente ist wenig bekannt. Es fehlt an Wissen uber ihre wechselseitigen Abhangigkeiten und zu Auswirkungen der einzelnen Governanceelemente auf Entwaldung. Bislang stutzt sich die Forschung stark auf qualitative Ansatze. Die vorliegende Arbeit hat drei Ziele: (i) die Entwicklung und Umsetzung von qualitativ und quantitativ gemischten Methoden der Governanceforschung, (ii) die Analyse von funktionalen Beziehungen zwischen Governanceelementen mit quantitativen Daten, (iii) die Quantifizierung der Wirkung von Governanceelementen auf tropische Entwaldung. Im Rahmen der Studie wird eine Inhaltsanalyse mit quantitativer Bewertung als neue Methode entwickelt. Diese Methode wird in einer Literaturstudie angewendet, die sich auf 28 wissenschaftlich begutachtete Veroffentlichungen stutzt. Bei der Methode werden Governanceelemente gemas des Leitfadens des World Resource Institutes klassifiziert. Auswirkungen der einzelnen Elemente auf Entwaldung werden mittels einer Likertskala quantifiziert. Als zweite Methode werden im Rahmen der Studie harmonisierte Governanceerhebungen auf Landschaftsebene entwickelt. Die Methode wird in Forschungsgebieten in Ecuador, Sambia und den Philippinen auf einer Gesamtflache von ca. 500 000 ha angewendet. Beide Methoden verbinden qualitative und quantitative Komponenten und sind auf operationaler Ebene einsetzbar. Hauptkomponentenanalysen (PCA) werden angewandt, um funktionalen Beziehungen zwischen Governanceelementen zu analysieren. Die Ergebnisse zeigen zwei Hauptmechanismen. Es wird erstens deutlich, dass alle Governanceelemente auf den ersten Achsen der PCAs gemeinsam positiv laden. Governanceelemente funktionieren somit synchron. Sie sind Ausdruck desselben zugrundeliegenden Mechanismus. Zweitens wird fur die Daten der Literaturstudie gezeigt, dass sich „structure“ und „agency“ basierte Elemente auf speziellen Achsen der PCA sortieren. Die „structure“ und „agency“ relevanten Achsen der PCA erklaren 38% der Varianz. Erstmalig wird damit die Funktion von Governance basierend auf empirischen Daten mit dem „structure - agency“ Konzept beschrieben. Allerdings wird dieser Mechanismus in den Daten aus den Projektlandschaften nicht sichtbar. Statt dessen sind hier landerspezifische Elemente von Bedeutung. Entwaldungseffekte werden mit den Governancedaten aus Ecuador und Sambia analysiert. Dazu werden multiple Regressionsanalysen eingesetzt. Entwaldung wird mit Satellitenbildern ermittelt und dient als Zielvariable. Daten zu Treibern der Entwaldung wurden in den Landschaften zusatzlich erfasst und dienen zusammen mit Governancedaten als erklarende Variablen. Je nach Modell und Datensatz konnen ca. 50% der Entwaldung statistisch erklart werden. Direkte Treiber, wie Landwirtschaft und Infrastruktur erklarten die Hauptanteile der Entwaldung. Allerdings zeigt sich auch ein zusatzlicher positiver Effekt durch einzelne landerweise unterschiedliche Governanceelemente. Die Studie folgert, dass gemischte qualitative und quantitative Forschungsansatze in der Governanceforschung verstarkt angewendet werden sollten. Durch quantitative Transformation kann Wissen aus einer Vielzahl von Einzelveroffentlichungen generalisiert werden. Bestehende Studien werden dadurch neu in Wert gesetzt und sollten berucksichtigt werden bevor neue Feldforschung implementiert wird. Allerdings erfordern neue politische und wissenschaftliche Fragen auch neue Forschungsaktivitaten vor Ort. Diese sollten sich auf harmonisierte Ansatze stutzen, so wie sie z.B. im Rahmen dieser Arbeit entwickelt und vorgestellt werden. Die synchrone Funktion der verschiedenen Governanceelemente liefert Erkenntnisse fur Entwicklungsarbeit und –politik. Die einheitlich positiven Ladungen der Governanceelemente auf den Hauptachsen der PCAs legen nahe, dass sich Entwicklungsarbeit auf ausgewahlte wichtige Elemente konzentrieren kann. In wieweit sich daruber hinaus Synergien zwischen den Elementen ergeben, muss weiter erforscht werden. Der „structure – agency“ Ansatz kann die Auswahl geeigneter Governanceelemente unterstutzen. Die Studie zeigt, dass beide Aspekte wichtig sind und sich erganzen. Der REDD+ Ansatz ist ein Beispiel dafur. Er zeigt, dass sowohl strukturbasierte Masnahmen - im Rahmen der sog. „readiness“ Phase, als auch „agency“ basierte Anreize - durch ergebnisbasierte Zahlungen, erforderlich sind. Der „structure – agency“ Dualismus war nur auf der pan-tropischen Ebene der Literaturstudie sichtbar. Das kann darauf hindeuten, dass die Landschaftsebene nicht ausreicht, um alle Governanceaspekte zu bearbeiten. Governance muss stattdessen die internationale, die nationale und die lokalen Ebene berucksichtigen. Im Vergleich zu Governance Masnahmen hatten direkte Entwaldungstreiber wie Landwirtschaft und Infrastrukturmasnahmen starkere Auswirkungen auf die Entwaldung. Governance Masnahmen alleine konnen daher die direkten Treiber nicht kompensieren. Allerdings bleibt es fraglich, ob die Arbeit an direkten Treibern ohne begleitende Governance Masnahmen erfolgreich sein kann. Im Gegensatz zum normativen „good governance“ Ansatz untersucht die analytische Studie Ursache - Wirkungszusammenhange. Sie ist ergebnisorientiert. Masnahmen, die auf solch einem Ansatz basieren, konnen sich auf gemeinsam vereinbarte Ziele stutzen, anstatt auf implizite Wertvorstellungen. Dies kann Entwicklungszusammenarbeit erleichtern, denn v.a. informelle Wertvorstellungen unterscheiden sich oft zwischen unterschiedlichen Akteuren.
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