Ein systemanalytischer Ansatz zur Internalisierung der Klimawirkung der Luftfahrt
2019
Mit dem Ziel einen finanziellen Anreiz bzw. eine Notwendigkeit fur Luftfahrzeugbetreiber zur Reduktion ihrer Klimawirkung zu schaffen, wird in dieser Arbeit ein problemdeduzierter Systemgestaltungsprozess angewandt und Wissen unterschiedlicher Fachdisziplinen (Luftfahrt, Atmospharenphysik, Umweltokonomie) miteinander verknupft. So gilt es im zu entwickelnden System, u. a. NichtCO2-Klimaeffekte, wie z. B. die Ozon- und Kondensstreifenzirrenbildung, zu berucksichtigen, die ca. 2/3 der Klimawirkung der Luftfahrt induzieren und hochgradig nicht linear zum Kraftstoffverbrauch sind.
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen werden in einer iterativen Vorgehensweise (Teil-)Losungsansatze generiert, adaptiert und rekombiniert. Auf diese Weise werden die Konzepte der Klimasperrgebiete (regulativer Ansatz) bzw. der Klimamautgebiete (preisbasierter Ansatz) entwickelt. Bei der vorhersagbaren und nachprufbaren Ausgestaltung dieser Konzepte steht neben Effektivitats- und Effizienzkritierien vor allem eine kurzfristige Operationalisierbarkeit im Mittelpunkt des Entwurfsprozesses. Um beide Konzepte miteinander zu vergleichen, sie hinsichtlich der Zielerreichung multikriteriell zu uberprufen und Empfehlungen fur eine weitere Vorgehensweise auszusprechen, werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit eine Modellumgebung aufgebaut und Funktionalitats- bzw. Potenzialanalysen durchgefuhrt.
Mit der Umsetzung des Vorsorge- und Verursacherprinzips der Umweltokonomie fuhren beide Konzepte zentrale Rahmenbedingungen einer nachhaltigen Entwicklung in die Luftfahrt ein. So werden in den ausgearbeiteten Konzepten die durch den Luftverkehr fur die Gesellschaft induzierten soziookonomischen Folgekosten direkt (preisbasiert) bzw. indirekt (regulativ) in der Bilanz der Luftfahrzeugbetreiber und somit in ihren Entscheidungsprozess integriert. Diese Bilanzerweiterung senkt die bestehende Diskrepanz zwischen den von den Luftfahrzeugbetreibern veranschlagten, privaten Grenzkosten und die fur die Gesellschaft entstehenden Folgekosten deutlich und erzeugt einen finanziellen Anreiz, ihr Flugverhalten zu verandern. Umfliegen im Konzept der Klimamautgebiete Luftverkehrsgesellschaften (teilweise) besonders klimasensitive und somit gebuhrenpflichtige Regionen, konnen grose Teile der durch die (Teil-)Internalisierung entstehenden Mehrkosten vermieden werden. Der beim klimafreundlichen Fliegen bestehende Zielkonflikt zwischen Okologie und Okonomie wird aufgelost: Ein klimafreundliches Verhalten wird wirtschaftlich attraktiv.
Die Demonstration der Funktionalitat und Effektivitat dieser Konzepte erfolgt mit Trajektoriensimulationen im Nordatlantikflugkorridor. Werden in dieser Region Klimamaut- bzw. Klimasperrgebieten eingefuhrt und vollstandig umflogen, konnen durchschnittlich mehr als 90% des maximal durch klimaoptimales Fliegen moglichen Mitigationspotenzials erzielt werden. Der in dieser Arbeit entwickelte Ansatz, bei der Flugroutenfuhrung ausschlieslich die am klimasensitivsten Regionen zu vermeiden, ist dementsprechend wirkungsvoll. Infolge des bestehenden, hohen Einflusses auf die Luftraumkapazitat (Flugverbot) muss vom restriktiven Konzept der Klimasperrgebiete abgeraten werden. Die Praktikabilitat des kostengetriebenen Ansatzes zeigt hingegen das Verhalten zahlreicher Luftfahrzeugbetreiber auf transeuropaischen Flugen. Um ihre Gesamtbetriebskosten zu reduzieren, nehmen diese mit sinkenden Treibstoffkosten langere Umwege in Kauf und leiten ihre Fluge moglichst lange uber jene Lander mit geringeren Flugfuhrungsgebuhren.
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