Langzeitergebnisse operativ versorgter traumatischer Kniegelenksluxationen

2005 
Die Kniegelenksluxation als Komplextrauma der unteren Extremitat hat aufgrund der hohen Komplikationsraten eine sehr geringe Fehlertoleranz bezuglich des Therapieschemas. Gefaslasionen in der Poplitealregion, erhebliche Weichteildefekte bis hin zum Kompartmentsyndrom und Dehnungsschaden exponierter Nerven wie des Nervus peroneus communis verschlechtern die Prognose. Deshalb mussen etablierte Therapiekonzepte unbedingt eingehalten werden. Dabei ist eine fruhzeitige, situativ adaquate operative Versorgung und ein kontinuierliches Monitoring des Gefas-Nerven-Status anzustreben. Eine in jedem Fall obligate Angiographie ist nicht indiziert, besonders dann nicht, wenn sich das operative Vorgehen des Chirurgen uber die Ischamietoleranz hinaus verzogern wurde. Folge einer erfolgreichen operativen Therapie sind eine hohe Kapsel-Band-Stabilitat und ein fruh mobilisierbares Gelenk. Die vorliegende Studie befasste sich mit den Ergebnissen der Nachuntersuchung von 30 an der ehemaligen Staatlich Orthopadischen Klinik Munchen-Harlaching operierten Patienten, die eine Kniegelenksluxation erlitten hatten. Die Ergebnisse wurden klinisch nach dem IKDC-Evaluatiosblatt aufgearbeitet. Technisch wurden die Instabilitaten der verletzten Kniegelenke mit dem KT-1000 Arthrometer verifiziert. Zudem gingen die subjektive Funktionalitat nach Lysholm sowie die Aktivitatsniveaus vor der Verletzung und zum Untersuchungszeitpunkt nach Tegner in die Bewertung mit ein. Schlieslich wurde der Grad der Arthrose im verletzten Kniegelenk nach dem Arthrosescore von Jager und Wirth klassifiziert. Hinsichtlich des Geschlechts oder der verletzten Seite konnten keine Unterschiede festgestellt werden. Bezuglich des Alters schnitten die jungeren Patienten im Bereich der postoperativen Funktionalitat besser ab als die Alteren. Was die Verletzungsart betrifft, so hatten die Verkehrsverletzten aufgrund der Begleitverletzungen und der groseren Rasanz des Verletzungsmusters eine schlechtere Prognose als die Patienten , die nach einem Sportunfall eine isolierte Kapsel-Band-Verletzung erlitten hatten. Bei Patienten mit 4-Band-Verletzungen und mehr konnten keine sehr guten Ergebnisse separiert werden im Vergleich zu den 3-Band-Verletzungen. In der technischen Verifizierung der Kreuzbandinstabilitaten wurden in uber 50% chronische Instabilitaten der vorderen Kreuzbander dokumentiert. Langfristig gesehen zeigten sich nach Evaluation mit dem IKDC-Score nur befriedigende und schlechte Ergebnisse. Fur die befriedigenden Ergebnisse, also die Gruppe-C-Ergebnisse, waren in erster Linie die Instabilitaten des Kapsel-Band-Apparates verantwortlich, gefolgt von den Symptomen, die sich auf die entsprechenden Aktivitatsniveaus beziehen. Fur die Gruppe-D-Ergebnisse waren in den meisten Fallen die Einschrankung des Bewegungsumfangs verantwortlich. Die subjektive Beurteilung durch den Patienten war nicht in erster Linie verantwortlich fur das schlechte Gesamtergebnis. Eine limitierende Rolle spielte auch die posttraumatische Arthrose nach langjahriger chronischer Instabilitat des Kniegelenkes. Die Grad-I-Gonarthrose rekrutierte sich zum Grosteil aus den jungeren Patienten ( 40 Jahre). In 86,67% konnten die Patienten wieder in ihrem ursprunglichen Beruf integriert werden. In nur 10% waren Umschulungen notwendig. Die sportliche Leistungsfahigkeit vor dem Unfall wurde hingegen in 90% der Falle nicht mehr erreicht. Die Studie bestatigt die nur befriedigenden Ergebnisse der Literatur. Das klinische Gesamtergebnis mit knapp 60% befriedigenden und 30% schlechten Ergebnissen zeigt, dass die Fehlertoleranz des Therapieschemas sehr gering ist. In der Diskussion der Literatur zeigt sich aber auch, dass aufgrund der geringen Fallzahlen eine gewisse Uneinheitlichkeit bezuglich der Therapieschemen besteht. In jedem Fall mus eine interdisziplinare Zusammenarbeit zwischen Gefaschirurgen, Unfallchirurgen und Orthopaden gefordert werden, so dass diese Komplexverletzung der unteren Extremitat nur an entsprechenden Schwerpunktzentren therapiert werden sollte.
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