Regeln statt Prinzipien im Privatsphärenschutz

2017 
Fur die Fragen nach der substanziellen Differenz im Ergebnis und die Kritik an der Prinzipientheorie im grundrechtlichen Privatspharenschutz lassen sich drei Beobachtungen festhalten. Erstens schutzt das Recht der U.S.A. die Privatsphare eher punktuell als breitflachig. Das muss nicht notwendig in allen Bereichen eine geringere Schutzintensitat zu Folge haben. Fur den Grundrechtsschutz gilt allerdings, dass der regelorientierte Ansatz tendenziell kleinteiliger operiert. Anders als in Europa liegt es darum weniger nahe, dass ein allgemeines ungeschriebenes Verfassungsrecht auf Privatsphare aus den einzelnen grundrechtlichen Schutzgutern entfaltet wird. Zweitens fuhrt der regelorienterte Ansatz mit seinem Alles-oder-Nichts tendenziell zu rigideren Grenzziehungen. Wenn eine Klausel wie die Third Party Doctrine erst einmal etabliert ist, dann gelingt es kaum, fur besonders sensible Bereiche wie personliche Computer oder Internetkommunikation neue Ausnahmeklauseln anzuerkennen. Erfolgt die Grenzziehung hingegen durch Abwagung, so kann die Anpassung an neue Fallgruppen vergleichsweise flexibel geschehen. Drittens schlieslich entfallt im regelorientierten Ansatz die detailreiche Steuerung der Legislative durch das Verfassungsgericht. Derlei Regulierungsauftrage sind dem U.S. Supreme Court vollig fremd. Dies lasst sich primar auf ein anderes institutionelles Selbstverstandnis zuruckfuhren. Begunstigt wird die Zuruckhaltung aber auch dadurch, dass im Alles-oder-Nichts des regelorientierten Ansatzes kein Optimierungsanspruch fur die konfligierenden Rechtsguter erhoben wird. Der Grundrechtsschutz gilt als unverruckbare Mindestgrenze, bei der nur das Unterschreiten uberpruft wird. Die Tendenz zum Jurisdiktionsstaat ist, so gesehen, keine Folge der mehr oder weniger flexiblen Grenzziehung und demgemas keine notwendige Folge der Regel-Prinzipien-Differenz, sondern eine Folge des Verstandnisses von Prinzipien als Optimierungsgeboten. Wurde man auf diesen Optimierungsanspruch verzichten, so ware eine abwagende Grenzziehung auch ohne detaillierte Handlungsanweisungen an den Gesetzgeber moglich.
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