Warum eine Risikoabschätzung und Grenzwertsetzung für Mikrokunststoffe in der aquatischen Umwelt problematisch ist

2020 
Kunststoffe sind allgegenwartig und werden in allen aquatischen Umweltkompartimenten den Meeren, in Flussen, an Stranden, den Sedimenten und in der gesamten Wassersaule und auch innerhalb von Biota gefunden. Durch dessen Zerfall entstehen kleinere Bruchstucke, die unter den Begriff Mikroplastik (MP) fallen. Ein besonderes Problem in der Diskussion stellt die Definition von Mikroplastik dar. Die obere Grenze von 5 mm ist von den EU-Mitgliedsstaaten und vielen internationalen Organisationen akzeptiert, aber die Definition einer unteren Grenze ist sehr verschieden, z. B. umfasst sie bei ECHA 1 nm oder bei EFSA 100 nm oder 1 µm. Ziel dieses Artikels ist es, verschiedene Informationen und Kenntnisse aber auch offene Fragen uber MP in der Umwelt zusammenzufuhren und die komplexen Zusammenhange in Hinblick auf MP, dessen Definition, Untersuchungsmethodik und die damit verbundenen Probleme fur eine Risikoabschatzung und Grenzwertsetzung aufzuzeigen. Neben der Definition, sind auch die Methoden zur Probenahme und Analyse und Zuordnung zu Partikelgrosen und die Erfassung der relevanten Wirkungen noch nicht standardisiert. Aktuell erfolgt die quantitative Bestimmung von MP hauptsachlich uber mikroskopische, spektroskopische oder thermoanalytische Methoden, wobei es nur mit spektroskopischen Verfahren moglich ist, die Partikelanzahl, die Partikelgrose und das Material zu bestimmen, die aber nur bis zu Grosen von 20 µm (FTIR) bzw. 1 µm (Raman) verlassliche Daten liefern. Die potenziellen toxischen Einflusse einer Exposition gegenuber MP konnen vielfaltig sein und von Futterungsstorungen, Verletzungen und Geschwuren, Verstopfungen des Verdauungstrakts, bis hin zu verminderter Reproduktionsleistung, Storungen des Energiestoffwechsels, bzw. Veranderungen der Leberphysiologie reichen. Die wenigen verfugbaren Daten zu den Wirkungen zeigen, dass Partikel im Nanobereich signifikant wirksamer sind als solche im µm Bereich. Uber indirekte Gefahren durch die Polymere selbst uber Restmonomere oder Polymeradditive oder an MP adsorbierte Umweltschadstoffe, gibt es wenige Studien, die den spezifischen Einfluss der Kontamination von der Wirkung des MP trennen. Da die Expositionsdaten mit den Wirkdaten, wegen der fehlenden Grosenklassen, nicht ohne weiters vergleichbar sind, ist eine Risikobewertung und Grenzwertsetzung schwierig und auch fraglich, weil das Risikomanagement in der Umwelt problematisch ist. Obwohl verschiedene Experten, die vorlaufige Risikoabschatzungen durchgefuhrt haben, ein konkretes Risiko durch MP (in der untersuchten Grose zumeist >300 µm) im aquatischen Bereich ausschliesen, wahlt die ECHA und die UNEP einen Vorsorgeansatz in dem sie die Verwendung von MP (Definition 1 nm–5 mm) stark einschrankt und MP auf die Liste XV (substances of very high concern) setzt. Dies wird damit begrundet, dass MP persistent ist, leicht aufgenommen wird, dadurch in die Nahrungskette gelangt und potenzielle Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben kann und es unmoglich ist MP aus der Umwelt zu entfernen.
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