Psychische Belastung in der betrieblichen Praxis

2017 
In dieser qualitativ-empirischen Studie wurden Bedingungen und Formen der betrieblichen Wahrnehmung, Thematisierung und Bearbeitung psychischer Belastung untersucht. Die Erhebung erfolgte in Form halbstrukturierter Interviews mit externen praventionsfachlichen Betriebsberatern. Hiernach findet in den Betrieben eine systematische Auseinandersetzung mit psychischer Belastung bislang eher selten statt. Teilweise wird das Thema auf der betrieblichen Leitungsebene ignoriert oder abgewehrt, teilweise zeigt sich auch eine Neigung zu „Ersatzhandlungen“, die an den eigentlichen Problemquellen vorbeigehen. Situationspragend ist aber v. a. eine grose Unsicherheit, wie der Gegenstand zu verstehen und wie damit adaquat umzugehen ist. Sofern sich Betriebe im Rahmen der Gefahrdungsbeurteilung mit der psychischen Belastung befassen, legen sie meist einen ausgepragten Methodenpragmatismus an den Tag. Entscheidend ist ein Vorgehen, das es erlaubt, fachliche Kompetenz mit dem hohen Potential an informellem Gestaltungswissen im Betrieb zu verknupfen und letzteres im Sinne des Arbeitsschutzes wirksam werden zu lassen. In der Praxis dominieren hier allerdings „kleine Losungen“ (mit z. T. durchaus spurbaren Verbesserungseffekten), bei denen kaum explizit auf arbeitswissenschaftliche Kriterien und Standards zuruckgegriffen wird. Praktische Relevanz: Um Betriebe zu verstarkten praventiven Aktivitaten auf dem Gebiet der psychischen Belastung zu bewegen und sie hierbei angemessen zu unterstutzen, bedarf es neben fundierten und zugleich praktikablen Gestaltungskonzepten auch eines moglichst genauen Verstandnisses von sowie eines flexiblen Umgangs mit den Facetten und Widerspruchlichkeiten der jeweiligen betrieblichen Problem-, Akteur- und Motivkonstellationen.
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