Defizite der Regulierung und Aufsicht von privaten Ersatzschulen in Bezug auf das Sonderungsverbot nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG: Rechtliche und empirische Analyse der Regelungen in den Bundesländern Berlin und Hessen unter Berücksichtigung des aktuellen Gesetzentwurfs der Landesregierung in Baden-Württemberg

2017 
[Privatschulfreiheit und Sonderungsverbot im Grundgesetz ...] Im vorliegenden Beitrag befassen wir uns mit der Rechtslage und Praxis in den Bundeslandern Berlin und Hessen als Beispiele fur zwei Regulierungsgruppen: Wahrend Berlin standardisierte Vorgaben fur die Einhaltung des Sonderungsverbots auf Ebene der Verwaltung macht, etwa durch gleichlautende Konkretisierungen im Genehmigungsbescheid, gibt es in Hessen keinerlei allgemeine Standards; diese werden vielmehr bezogen auf den Einzelfall festgelegt. Wir werden zeigen, dass der Berliner Senat Kriterien fur die Einhaltung des Sonderungsverbots entwickelt hat, die auf rechtlich ungesicherter Grundlage beruhen und in der Praxis weder von der Mehrzahl der Schulen beachtet noch von der Senatsverwaltung effektiv kontrolliert werden. Damit im Zusammenhang steht eine soziale Entmischung an den privaten Ersatzschulen. In Bezug auf das Bundesland Hessen werden wir darlegen, dass das vollstandige Fehlen einheitlicher Kriterien zur Einhaltung des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG zu einer faktischen Nicht-Kontrolle des Verfassungsgebots fuhrt. Auf Grundlage unserer Forschungsergebnisse konnen wir andererseits bestimmte rechtliche Vorgaben und Regulierungsmoglichkeiten aufzeigen, mit denen dem Sonderungsverbot - unter Wahrung der Rechte der Privatschulen - wieder Geltung verschafft und die soziale Sonderung an den privaten Ersatzschulen eingedammt werden kann. In diesem Zusammenhang werden wir auch die im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung von Baden-Wurttemberg vom Mai 2017 enthaltenen Regelungen zum Sonderungsverbot betrachten (im Folgenden: E-PSchG bzw. E-VollzugsVO). Im Anschluss werden wir, soweit mit Blick auf das Sonderungsverbot erforderlich, auch die Frage des staatlichen Forderanspruchs behandeln. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Genehmigungsvoraussetzung nicht an die Hohe einer staatlichen Forderung gekoppelt ist, wie dies vonseiten der Privatschulen teilweise behauptet wird. Vielmehr ist es so, dass das Bundesverfassungsgericht den fur ein Freiheitsrecht ausergewohnlichen staatlichen Forderanspruch gerade daraus abgeleitet hat, dass die privaten Ersatzschulen die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG, und hier insbesondere das Sonderungsverbot, zu beachten haben. Unsere Befunde geben folglich eher Anlass zu Zweifeln, ob die Voraussetzungen fur eine staatliche Forderung der privaten Ersatzschulen gegenwartig uberhaupt (noch) vorliegen, wenn an vielen privaten Ersatzschulen die vom Grundgesetz geforderte soziale Allgemeinzuganglichkeit, fur deren Gewahrleistung sie die Forderung erhalten, faktisch nicht gegeben ist bzw. die Allgemeinzuganglichkeit durch Politik und Verwaltung nicht uberwacht wird. Entgegen weitergehender Stimmen in der juristischen Literatur halten wir den Anspruch der Privatschulen auf staatliche Forderung jedoch, wie wir erlautern werden, im Grundsatz fur unabdingbar, um dem Sonderungsverbot entsprechen zu konnen und zugleich eine vielfaltige Privatschullandschaft zu erhalten. Masstab fur unsere nachfolgenden Analysen und Uberlegungen ist demgemas auf der rechtlichen Seite die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und - ihm folgend - der Landesverfassungsgerichte, an deren uberzeugenden dogmatischen Grundsatzen wir festhalten.
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