Was ist eingefroren in den Parteiensystemen

1984 
Betrachtet man die Hauptstromungen der Parteien- und Wahlforschung, so erscheint diese Frage geradezu abwegig. Die periodisch konstatierten Krisen der Parteien (-systeme), die zunehmende Wahlerfunktion lassen Fragen wie „Brauchen wir ein neues Parteiensystem?“(v. Krockow), „Do parties make a difference?“ (Rose) oder „Was durfen Parteiregierungen?“ (Wildemann) relevanter erscheinen. Historisch-sozialstrukturelle Ansatze mussen gegenuber Fragen praktischen Interesses, wie es moglich sei, „to establish and maintain a party system that meets the need of a modern (lies:postindustrial) society“, notwendig akademisch bleiben (Wilson, S. 545), insbesondere, wenn die als notwendig vorgestellten oder ausgebliebenen Anpassungsleistungen von Parteien allein auf die (Un-)fahigkeiten von Parteieliten zuruckgefuhrt werden: „There is no necessary connection between objective economic conditions and the strategy of a party, for political strategy is the subjective product of a party elite..“ (Merkl, S. 546; Tarrow 1969; Zariskl/Welch 1975). Wenn auch Mair es neuerdings auf die Formel bringt, das „parties will lose votes to the extent that they fail to adopt to change“ (S. 417/8), so ist das deshalb zu einfach, weil 1. ein Wandel in anderen Bereichen als „der Politik“ unkritisch vorausgesetzt wird, somit 2. „the subjective product of party elites“ offensichtlich nur darin bestehen kann, die Zeichen der Zeit zu erkennen, und dabei ubersehen wird 3., das trotz allen „Wandels“ immer noch die Hauptstromungen der Parteien ihrer Entstehungsphase bestehen, das trotz aller Anpassungsleistungen einige Parteien partout nicht uber bestimmte Grenzwerte hinausgelangen oder sogar im „Widerstand“ gegen abverlangte-Anpassungen neue Parteien entstehen. Die Beschranktheit der Adaptionsthese liegt darin, das nur die „funktionale“ Partei, also die, die regierungsfahig ist, als echte Partei gilt. Wenn aber die „needs of a modern society“, sprich das Gemeinwohl, fur alle objektiv feststellbar ware, dann verlore die Idee der Parteiendemokratie ihre klassische Substanz (Schelsky); zur Akkomodation an Sachgesetzlichkeiten (die es prinzipiell in der Politik nicht gibt! F. Neumann) konnten, wie Epstein schon 1967 festgestellt hat, pluralistische Systeme auch ohne Parteien auskommen, ja sie musten es sogar, wenn Parteien den Wettbewerb um Stimmen dysfunktional verstunden, d.h., an „majoritarian pretensions“ festhielten (S. 358) (1).
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