Medien und Formate literarischer Vortragskunst nach 1945

2020 
Die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg sind besonders reich an Innovationen neuer Vortragsformate und medialer Verbreitungsformen gewesen. Man konnte sie sogar mit den beiden grosen Schwellenzeiten vergleichen, mit der Pionierzeit nach 1770 und dem Auftritt von Autoren nach 1900. Zahlreiche Vortragsformate wurden neu geschaffen, haufig genug in Verbindung mit Medien wie Rundfunk, Schallplatte, Fernsehen, Film/Video, Kompaktkassette, Audio-CD und Internet. Diese Medien dienten zur Verbreitung einzelner Formate (etwa der Lesung von Autoren und Vortragsartisten) oder schufen gar erst die technischen und institutionellen Voraussetzungen fur sie, was man fur die epische Lesung von Romanen, die Fernsehlesung oder den Poesiefilm zeigen kann. Die Sprechschallplatte war zwischen 1954 und 1989 – neben dem Rundfunk – eines der wichtigsten Verbreitungsmedien, bevor sie durch Kassetten und Audio-CDs verdrangt wurde. Der Erfolg eines Vorlesers wie Gert Westphal steht in diesem von den Medien mitbestimmten Kontext. Andere Vortragsartisten wie Klaus Kinski verliehen der Vortragskunst einen exzentrischen und gesellschaftskritischen, ja skandalosen Charakter. Nicht zufallig kulminierten ihre Performances haufig in christlich religios konnotierten oder offen blasphemischen Veranstaltungsformen.
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