Der Mixed-Methods Ansatz zur Erfassung von Reflexionskompetenz bei Lehramtsstudierenden

2017 
Das Konzept der Reflexion, masgeblich begrundet durch den Padagogen und Philosophen Dewey (1910), findet sich heutzutage als wichtiger Baustein in der Ausbildung verschiedener Professionen wieder, darunter im besonderen Mase in jener der Lehrkrafte (siehe KMK, 2004, 2014). Grund dafur ist die Annahme, dass ein Reflexionsprozess durch die Verknupfung praktischer Erfahrungen mit wissenschaftlichen Theorien zu nachhaltigem und vertieftem Lernen fuhrt (Bringle & Hatcher, 1999; Eyler, 2002, 2010; Henninger et al., 2003). Besonders in komplexen Arbeitsumfeldern (King & Kitchener, 1994; Schon, 1983) aber auch in Hinsicht auf das lebenslange Lernen wird eine reflektierte Haltung als unabdingbar angesehen (Day, 1999; KMK; 2004, 2014; Mezirow, 2000). Die langjahrige Forschung auf dem Feld der Reflexion hat zwar vielzahlige Reflexionsdefinitionen und -modelle hervorgebracht, systematische Untersuchungen zu den genauen Prozess- und Wirkmechanismen fehlen allerdings (Linninger, 2016; Monig, 2012; Wyss, 2013). Das Vorhaben, den Reflexionsbegriff in allen seinen Facetten adaquat zu erfassen, gilt auch deswegen als sehr schwierig (Niggli, 2004; Molee, Henry, Sessa & McKinney-Prupis, 2010). Dennoch ist die Erfassung reflektiver Prozesse und deren Outcomes fur die weitere empirische Erforschung des Konstrukts unumganglich. Eine erste, groser angelegte Forschungsreihe, welche sich dieser Vielschichtigkeit annahm, untersuchte Reflexion im Unterrichtskontext aus verschiedenen Blickwinkeln und mithilfe unterschiedlicher Forschungsmethoden (Wyss, 2013). Daran anknupfend, habe auch ich mich, mit Fokus auf der Lehramtsausbildung, in meinem Forschungsprojekt fur einen multimethodalen Zugang entschieden. Dabei soll sowohl das Kontinuum zwischen qualitativen und quantitativen als auch zwischen subjektiveren und objektiveren Untersuchungsinstrumenten Beachtung finden. Der aktuell in der Validierungsphase befindliche Fragebogen zur Reflexionskompetenz ist eine erste Moglichkeit, sich der subjektiv wahrgenommenen Reflexionskompetenz von angehenden Lehrkraften anzunahern. Inhaltlich wird darauf eingegangen, ob man nach schwierigen, praxisrelevanten Situationen theoretische Modelle zur Erklarung dieser heranziehen und daruber hinaus neue Handlungsimplikationen fur sich ableiten kann. Schriftliche Reflexionsportfolios, die im Rahmen eines Orientierungspraktikums angefertigt werden und sich inhaltlich auf die Reflexion schwieriger, beobachteter Unterrichtssituationen beziehen, sollen das Bild erweitern. Portfolios stehen in der Tradition der qualitativen Reflexionsforschung (Bradley, 1995; Brauer, 2014; Hilzensauer, 2008; van Goethem et al., 2014) und wurden daher auch in diesem Forschungsprojekt als eines der Untersuchungsinstrumente ausgewahlt. Wahrend der Reflexionsfragebogen Verhalten recht allgemein abfragt und das Portfolio sich auf individuelle Ereignisse wahrend des Orientierungspraktikums beschrankt, soll ein drittes Instrument, ein Vignettentest, standardisierte Reflexionsvorlagen schaffen. Auch dieses Format hat bereits Anwendung in der Reflexionsforschung gefunden (Boenink et al. 2004; Weber & Wehner, 2018). Um fur die Reflexionsmessung eine fur alle Probanden vergleichbare Ausgangssituation einzufuhren, werden zunachst schriftliche Unterrichtsvignetten dargeboten, die Problemsituationen darstellen, welche inhaltlich die Verletzung mindestens eines Qualitatsmerkmals guten Unterrichts (Helmke, 2006) beschreiben. Eine durch Prompts angeleitete Reflexion soll folgen. Dieser Vignettentest kann dabei sowohl als weiteres Validierungsinstrument fungieren, als auch eine Moglichkeit bieten, durch Variation der Prompts, die angenommene Prozesshaftigkeit der Reflexion empirisch zu uberprufen. Weitere mogliche Vignettentests, die zum Einsatz kommen konnten, sind das videobasierte Observer-Tool (Seidel & Sturmer, 2014) oder das Videoinstrument von Gold und Holodynski (2017), die ursprunglich zur Erfassung von Professioneller Unterrichtswahrnehmung entwickelt wurden, sich jedoch inhaltlich stark mit den Reflexionsdefinitionen uberschneiden.
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