Korrelation zwischen räumlichen Sozialstrukturfaktoren und Indikatoren des medizinischen Versorgungsbedarfs
2015
Ziel der Studie: Neben den bekannten Indikatoren Alter, Geschlecht und Morbiditat sind soziookonomische Aspekte bedeutsam fur die Hohe des Versorgungsbedarfs. Die vorliegende Arbeit beschreibt eine mogliche Operationalisierung und Charakterisierung der sozioregionalen Lage und pruft deren Bezug zum medizinischen Versorgungsbedarf. Methodik: Die Untersuchungseinheiten bildeten die 412 Kreise Deutschlands. Zur Charakterisierung der sozioregionalen Lage wurden 27 Indikatoren der amtlichen Statistik faktoranalytisch untersucht (Hauptkomponentenanalyse). Es wurden 2 Faktoren extrahiert, die nach Varimax-Rotation 34,2 und 33,0% der Varianz erklarten. Als Indikatoren des medizinischen Versorgungsbedarfs wurden Kennziffern zur Mortalitat und zur stationaren Inanspruchnahme sowie aus den bundesweiten vertragsarztlichen Abrechnungsdaten der morbiditatsbedingt erwartete ambulante Leistungsbedarf (Relativer Risikoscore, RRS) und der abgerechnete Leistungsbedarf (LB) auf Kreisebene aggregiert und mit den extrahierten Faktoren korreliert. Ergebnisse: Faktor 1 beschreibt die Raumebene bezuglich sozialer und gesundheitlicher Belastungen (soziookonomischer Gesundheitsindex, SGX). Faktor 2 charakterisiert die Raumebene bezuglich Wanderungsbewegungen und Haushaltsgrosenkennzahlen (Urbanitatsindex, UX). SGX zeigte positive Korrelationen zum RRS (r=0,77), zur Gesamt- und vorzeitigen Sterblichkeit (r=0,68 bzw. r=0,78) sowie zur stationaren Inanspruchnahme (r=0,62). UX zeigte keine Korrelation zum RRS und eine schwach negative Korrelation zur stationaren Inanspruchnahme (r=−0,28). SGX und UX korrelierten mit dem vertragsarztlichen LB (r=0,39 bzw. r=0,40). Die Differenzierung des LB nach Hausarzt- und Facharztbereich ergab, dass SGX mit einem hoheren hausarztlichen und UX mit einem hoheren facharztlichen, insbesondere psychotherapeutischen LB einhergeht. Schlussfolgerung: Die extrahierten Faktoren zur Charakterisierung der sozioregionalen Lage zeigten deutliche Beziehungen zu Indikatoren des medizinischen Versorgungsbedarfs. Wahrend SGX hauptsachlich mit Parametern der allgemeinen Morbiditatslast in der Bevolkerung korrelierte, zeigte UX konsistente Beziehungen zu spezifischen Versorgungsbedarfslagen. Damit weist UX auf mogliche Bedarfe jenseits der allgemeinen Morbiditatslast in der Bevolkerung sowie auf Besonderheiten in der Versorgungsstruktur hin. Die Bedeutung von SGX und UX ist in kunftigen Studien unter Berucksichtigung weiterer Einflussgrosen zu untersuchen.
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