Folgenabschätzung eines Verbots der ganzjährigen Anbindehaltung von Milchkühen

2018 
Die Anbindehaltung von Rindern wird von der Gesellschaft kritisch gesehen und stellt gemas dem Stand der wissenschaftlichen Beurteilung kein tiergerechtes Haltungsverfahren dar. Als besonders problematisch gilt die ganzjahrige Anbindehaltung, bei der die Tiere das gesamte Jahr uber im Anbindestand stehen und keinen Zugang zur Weide oder einem Auslauf haben. Das Thunen-Institut fur Betriebswirtschaft wurde vom BMEL beauftragt, die Folgen eines Verbots der ganzjahrigen Anbindehaltung von Milchkuhen (bei gesetzter 10-jahriger Ubergangsfrist) abzuschatzen. Aufgrund des Strukturwandels wurde sich die Zahl der ganzjahrigen Anbindehaltungen von den fur das Jahr 2010 ermittelten Werten (31.500 Betriebe, 650.000 Kuhe) bis zum Jahr 2027 auf 13.500 Betriebe mit rund 270.000 Milchkuhen reduzieren. Diese Betriebe waren von einem Verbot betroffen. In der Struktur sind sie vergleichsweise klein, auf die Milchviehhaltung spezialisiert und verfugen oftmals uber andere Einkommen neben der Landwirtschaft. Besonders hohe Anteile ganzjahriger Anbindehaltungen sind in Bayern und Baden-Wurttemberg zu finden. Betriebe mit ganzjahriger Anbindehaltung haben verschiedene Moglichkeiten, ihr Haltungsverfahren tiergerechter zu gestalten: Angebot von Weidegang, Bau eines Laufhofes, Umbau des Anbindestalls zum Laufstall und Neubau eines Laufstalls. Die Umsetzbarkeit dieser Masnahmen hangt in einem hohen Mase von den standortspezifischen Bedingungen und betrieblichen Bedin-gungen ab. Dementsprechend variieren die Kosten je Kuhplatz fur diese Masnahmen. Bei einer Berechnung der Kostenanderungen in Cent/kg Milch wurden Kostenerhohungen eines Ausstiegs aus der ganzjahrigen Anbindehaltung von 0,26 bis 13,42 ct/kg Milch fur die betroffenen Betriebe ermittelt. Bei einem durchschnittlichen Auszahlungspreis der Molkereien von 27,2 ct/kg Milch im Jahr 2016 und 36,6 ct/kg im Jahr 2017 kann ein Verbot der ganzjahrigen Anbindehaltung fur die betroffenen Betriebe somit erhebliche Auswirkungen auf die Rentabilitat haben. Um die negativen Auswirkungen eines Verbots der ganzjahrigen Anbindehaltung auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu reduzieren, konnen verschiedene Fordermasnahmen eingesetzt werden. Insbesondere das Agrarinvestitionsforderungsprogramm (AFP), tierbezogene Weidepramien sowie Beratungsmasnahmen kommen hierfur in Frage. Die offentlichen Mittel fur eine flankierende Forderung innerhalb des Ubergangszeitraums von 10 Jahren wurden auf insgesamt 222 bzw. 287 Mio. Euro geschatzt Diese Ausgaben liesen sich grundsatzlich mit den im Rahmen der zweiten Saule der EU-Agrarpolitik zur Verfugung stehenden Mittel finanzieren. Es ist zu erwarten, dass ein Verbot der ganzjahrigen Anbindehaltung auch mit einer flankierenden Forderung zu einer Beschleunigung des Strukturwandels fuhrt. Ein sozialvertragliches Verbot der ganzjahrigen Anbindehaltung setzt voraus, dass eine ausreichende Ubergangszeit zur Anpassung der Betriebe gewahrt wird, das Verbot mit attraktiven Fordermasnahmen flankiert wird und ggf. Hartefallregeln fur auslaufende Betriebe angewendet werden.
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