Brexit-Finale: Das letzte Ringen um einen Deal

2020 
Rolf J. Langhammer, Institut fur Weltwirtschaft, Kiel, sieht als Ziel ein auf Guter und ihre mit ihnen verbundenen Dienstleistungen beschranktes Abkommen. Die EU sollte den Briten etwas entgegenkommen, denn jedes Abkommen sei besser als der No-Deal. Nach den Berechnungen von Lisandra Flach, Feodora Teti, Lena Wiest, Margherita Atzei und Lisa Scheckenhofer, ifo Institut, trifft der Brexit den Handel des Vereinigten Konigreichs harter als den der EU. Der Anteil der EU am Handel des VK ist groser als umgekehrt, auch bei Produkten, bei denen es nur wenige Lieferanten gibt. Trotzdem liege ein Handelsabkommen ab 1. Januar 2021 im beiderseitigen Interesse. Joachim Wuermeling, Deutsche Bundesbank, erwartet fur den Finanzsektor ein „No-deal“-Szenario. Denn mit Blick auf einen moglichen Vertrag uber die kunftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigtem Konigreich galt ein detailliertes „financial chapter“ von Anfang an als sehr unwahrscheinlich. Insgesamt seien die Finanzmarktakteure gut auf das Ende der Ubergangsperiode vorbereitet. Carsten Hefeker, Universitat Siegen, befurchtet, dass als ausenwirtschaftliche Konsequenz des Brexit das Vereinigte Konigreich handelspolitisch isoliert und vielleicht nicht einmal mehr vereinigt sei. Das konne nicht im Interesse der EU sein; es sei zu hoffen, dass sie versuchen wird, dem VK im Rahmen der Moglichkeiten entgegenzukommen. Friedemann Kainer, Universitat Mannheim, betrachtet die unterschiedlichen Perspektiven auf den Brexit-Prozess als Haupthindernis fur einen positiven Verhandlungsabschluss. Die europaische Seite habe eine stringente und politisch sowie okonomisch rationale Verhandlungsposition eingenommen, wahrend das Vereinigte Konigreich unklare, politisch teils sehr divergente Ziele verfolge. Im Lager der „Brexiters“ spielten okonomische Gesichtspunkte keine bedeutende Rolle. Philipp Harms, Gutenberg-Universitat Mainz, sieht in den „Leave-Votes“ den Ausdruck eines allgemeinen Unbehagens gegenuber der Globalisierung und befurchtet, dass rein okonomische Erwagungen bei der Bestimmung individueller Einstellungen eine eher untergeordnete Rolle spielen, so dass Masnahmen und Argumente, die an materielle Interessen appellieren, weniger Wirkung entfalten als erhofft. Fur die Aussichten auf einen geordneten EU-Austritt des Vereinigten Konigreichs verheise dies nichts Gutes. Nach Ansicht von Michael Kaeding, Universitat Duisburg-Essen, hat das Vereinigte Konigreich nie richtig verstanden, was die EU ist und warum es sie gibt. Mit der Unterzeichnung der Europaischen Vertrage brachten die Mitgliedstaaten ihren Wunsch zum Ausdruck, am Prozess der europaischen integrativen Solidaritat teilzunehmen. Die Brexit-Verhandlungen zeigen, dass es ein grundlegender Fehler der britischen Brexiter war, sich vorzustellen, sie konnten die EU mit ihrer eigenen Ablehnung der europaischen Solidaritat anstecken.
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