Zusammenarbeit statt Konkurrenz : Kooperationsmöglichkeiten zwischen der SRG SSR und privaten Medienunternehmen in der Schweiz

2016 
Diese explorative Studie liefert zumindest zwei uberraschende Ergebnisse, die fur die weitere Entwicklung der privatwirtschaftlichen Medienbranche und des Service public in der Schweiz unter Bedingungen der Digitalisierung und Medienkonvergenz relevant sind: - Einerseits ist das Interesse an Public Private Partnerships (PPP) und die Bereitschaft zur Kooperation privater Medienakteure mit der SRG SSR grosser als von uns erwartet. Ob solche Zusammenarbeit unter den derzeit eher schwierigen Ausgangsbedingungen tatsachlich zustande kommen wird, hangt allerdings von deren konkreter Ausgestaltung ab – und wohl auch von einem „Change of Mindset“, der auf beiden Seiten vor allem auf den Fuhrungsebenen erforderlich ware. - Andererseits zeigt sich, dass in den europaischen Nachbarlandern und auch anderswo bereits eine Vielzahl von PPP bestehen, von denen viele eher informell und unterhalb der Schwelle offentlicher Aufmerksamkeit entwickelt wurden. Es durfte sich mithin lohnen, in diesem Bereich zu experimentieren. Bei entsprechender Ausgestaltung sind Win‐win‐win‐Situationen denkbar – Synergieeffekte, von denen private Medienanbieter und die SRG SSR sowie vor allem das Schweizer Medienpublikum profitieren wurden. - Nicht zu unterschatzen sind allerdings ordnungspolitische Probleme, die mit verstarkten PPP einhergehen konnten: zum einen Wettbewerbsverzerrungen; zum anderen wird, je zahlreicher die PPP, desto unangreifbarer der entstehende Medienverbund und insbesondere die SRG SSR, die der zentrale Knotenpunkt des Verbundes ware. - Wir pladieren deshalb fur zeitlich befristete, moglichst vielfaltige und gegebenenfalls rucknehmbare Pilotprojekte, die vor allem kleineren Medienunternehmen und Start‐Ups zugutekommen sollten. Unsere Forschungsarbeit begann zu einem eher ungunstigen Zeitpunkt – kurz nach Verkundung der Werbeallianz der SRG SSR mit Ringier und Swisscom. Wir konnten nicht, wie eigentlich vorgesehen, auf beiden Seiten, sondern nur im privatwirtschaftlichen Mediensektor sowie unter von der SRG SSR unabhangigen Medienexperten Kooperationsbereitschaft sowie Interesse an PPP ausloten. Mitarbeiter der SRG durften, trotz aller offentlichen Beteuerungen von Kooperationswillen der Fuhrungsspitze, an unseren Befragungen nicht teilnehmen. Gleichwohl gehen wir davon aus, dass unsere Erkenntnisse sowie die explorativen Gesprache selbst Nutzen stiften: Zum einen ist jetzt die Kooperationsbereitschaft auf der privaten Seite dokumentiert, zum anderen ist mit unseren Interviews auch ein Stuck „Action ReseResearch“ verbunden. Viele Gesprachspartner haben auf diese Weise zumindest konzentriert uber Kooperationspotentiale nachgedacht – und vielleicht war ja das schon ein erster Schritt in die richtige Richtung. Erwartungsgemass sind dabei die Gesprachspartner geteilter Meinung im Blick auf gemeinsame Content‐Produktion und auf Content‐Sharing, und es lohnt sich, die Pro‐ und Contra‐Argumente nachzulesen. Kooperationen konnten sich als das „kleinere Ubel“ zu einem morderischen Verdrangungswettbewerb erweisen, in dem viele kleine Medienunternehmen unter den Bedingungen der Medienkonvergenz mittelfristig bei weiter schwindenden Abo‐ und Werbeerlosen keine Uberlebenschance hatten: Ohne Kooperationen mit der SRG SSR besteht Gefahr, dass die Vielfalt der Online‐Informationsangebote im (nicht professionellen) sogenannten „Longtail“‐Bereich digitaler Netzwerke verschwindet. Soll heissen: Neben der SRG SSR, die mit ihren Gebuhreneinkunften online andere Anbieter konkurrenziert und verdrangt, wurden schweizweit womoglich nicht einmal eine Handvoll kommerzieller Medien‐ und Nachrichten‐Anbieter uberleben. Fur die SRG selbst waren Kooperationen ein guter Weg, zunehmendem politischen Druck zu begegnen. Kooperationen mussten aber so gestaltet werden, dass sie nicht den Wettbewerb verzerren: Statt einer langfristig ausgelegten Kooperation mit machtigen Partnern wie der Swisscom und Ringier sollte sich die SRG SSR eher aktiv um vielfaltige und projektbezogene und damit befristete Kooperationen mit moglichst vielen Schweizer Medienunternehmen bemuhen. Diese zu gestalten, ist jedoch aufwandig und kaum zentral von der Unternehmensspitze her steuerbar. Deshalb ist moglicherweise eine interne Umstrukturierung der SRG SSR in Richtung Dezentralisierung/Foderalisierung eine Erfolgsvoraussetzung von PPP: Echte Partnerschaften durften eher dann entstehen, wenn sie auf der mittleren Ebene der SRG SSR gewollt werden und sich die Partner auf Augenhohe begegnen, als wenn sie von oben verordnet werden. Ein Folge‐Forschungsprojekt, das gemeinsam mit der SRG SSR auf den Weg zu bringen ware, sollte weiter ausloten, was funktionieren kann und was nicht.
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