CFD-Simulation der dynamischen Eigenschaften großer Kerosin- und Heptan-Poolflammen
2008
Es werden experimentelle und theoretische Erkenntnisse zu charakteristischen Eigenschaften und zur Dynamik groser Poolflammen flussiger Kohlenwasserstoffe fur verschiedene Pool-durchmesser dargestellt. Insbesondere werden Massenabbrandraten, Abbrandgeschwindigkeiten, Flammenlangen, -formen und -temperaturen sowie Stromungsgeschwindigkeiten diskutiert. Es folgt eine Betrachtung der Rusbildungsmechanismen sowie der koharenten dissipativen Strukturen als wichtige Einflussgrosen auf die sicherheitstechnisch besonders relevante spezifische Ausstrahlung (SEP) und Bestrahlungsstarke (E).
Anhand von Messungen mit einem IR-Thermographiesystem in Verbindung mit VIS-Filmaufnahmen konnen den koharenten Strukturen hot spot und Rusballen in Pooflammen verschiedener Brennstoffe wie Kerosin, Diesel, Pentan und JP4 bestimmte Temperaturbereiche und spezifische Ausstrahlungsbereiche zugeordnet werden. Die spezifischen Ausstrah-lungen SEP der Flammen zeigen eine starke Abhangigkeit vom Pooldurchmesser d und vom Brennstoff. Die Flammen weisen auserdem Pulsationsfrequenzen auf, die mit zunehmendem Pooldurchmesser entsprechend f(d) = 1.51d^–0.58 abnehmen. Die Abhangigkeit der Bestrahlungstarke E(Δy/d) vom horizontalen relativen Abstand Δy/d wurde mit Radiometern fur verschiedene Brennstoffe gemessen.
Es werden CFD-Simulationen von Kerosin-Poolflammen mit d = 10 m, d = 16 m und d = 20 m sowie von einer Heptan-Poolflamme mit d = 6 m unter Verwendung des kommerziellen Softwarepaketes ANSYS CFX durchgefuhrt. Die Losungsalgorithmen des CFD-Codes und die in den CFD-Simulationen verwendeten Submodelle werden diskutiert. Die Kerosin-Poolflammen werden mit einem Globalmechanismus und dem Eddy Dissipations Modell beschrieben, die Rusmodellierung erfolgt mit dem Magnussen-Rusmodell. In der Simulation der Heptan-Poolflamme wird die Verbrennung mit einem Flamelet-Modell berechnet und zur Rusmodellierung wird das Lindstedt-Rusmodell implementiert. Die Turbulenzmodellierung erfolgt jeweils mit dem Standard-k-e-Modell inklusive Auftriebsterm, die Modellierung der Strahlung erfolgt jeweils mit der Monte Carlo Methode.
In der Simulation der Kerosin-Poolflamme mit d = 16 m wird ein rotationssymmetrisches Rechengitter mit 7548 hexaedrischen Zellen verwendet. Die Simulation der Kerosin-Poolflammen mit d = 10 m und d = 20 m erfolgt bei spiegelsymmetrischen Gittern mit 520756 bzw. 559136 hexaedrischen Zellen. Die Zeitschritte betragen bei den drei Kerosin-Poolflammen jeweils Δt = 0.05 s. Die Diskretisierung der Geometrie fur die Heptan-Poolflamme erfolgt bei einem spiegelsymmetrischen Gitter mit 158300 hexaedrischen Zellen, und einem Zeitschritt von Δt = 0.01 s.
Es werden in den Kerosin-Poolflammen momentane Reaktionsgeschwindigkeiten und Massenanteile der Edukte Kerosin und Sauerstoff sowie der Produkte Kohlenstoffdioxid und Wasser vorhergesagt. In der Heptan-Poolflamme werden der Mischungsbruch und 59 daraus resultierende Spezies berechnet. In den Poolflammen beider Brennstoffe zeigen die berechneten transienten Felder einen Zusammenhang zwischen den Spezies, ihren chemischen Reaktionen und der turbulenten Stromung. Vom Poolrand steigen periodisch Wirbelstrukturen auf, in denen die von der Pooloberflache aufsteigenden Brennstoffdampfe mit dem Luftsauerstoff vermischt werden. Innerhalb eines Wirbels wird der Brennstoff durch chemische Reaktionen verbraucht, so dass dort die Temperaturen und folglich auch die Auftriebskrafte immer mehr abnehmen bis der Wirbel schlieslich vollstandig dissipiert. Beim Aufsteigen eines Wirbels kommt es in dem darunter liegenden Bereich zur Luftansaugung (Entrainment), wodurch sich die Flamme dort zunachst einschnurt. Die Vermischung der Luft mit den aufsteigenden Brennstoffdampfen fuhrt zu einer heisen Verbrennungszone. Beim Aufsteigen werden die heisen Flammengase durch die Umgebungsluft teilweise abgelenkt und es entstehen neue Wirbelstrukturen. Die Wirbel bewirken einen radialen Warmetransport und fuhren zur lokalen Verbreiterung der Flamme, das periodische Aufsteigen der Wirbelstrukturen fuhrt also zu einer Pulsation der Flamme. Die aus den Simulationen der Kerosin-Poolflammen vorhergesagten pooldurchmesserabhangigen Pulsationsfrequenzen liegen bei f(d = 10 m) = 0.43 Hz, f(d = 16 m) = 0.32 Hz und f(d = 20 m) = 0.28 Hz und stimmen gut mit den experimentellen Ergebnissen uberein.
Die Pulsation der Flamme fuhrt zu zeitabhangigen Stromungs- und Temperaturfeldern. Die aus den simulierten transienten Stromungsfeldern berechneten mittleren Stromungsgeschwindigkeiten sind pooldurchmesserabhangig. Die Maxima der mittleren axialen Geschwindigkeiten entlang der Flammenachse liegen in den Kerosinflammen bei u(d = 10 m) = 17 m/s, u(d = 16 m) = 25 m/s und u(d = 20 m) = 25 m/s und in der Heptanflamme bei u(d = 6 m) = 13.5 m/s. Auserdem treten axiale Ruckstromungen auf mit maximalen Geschwindigkeiten zwischen u(d = 10 m) = –1.8 m/s, u(d = 16 m) = –6.9 m/s, u(d = 20) = –9.8 m/s fur die Kerosin-Poolflammen sowie u(d = 6 m) = –4.0 m/s fur die Heptan-Poolflamme. Auch die Maxima der mittleren Flammentemperaturen hangen vom Pooldurchmesser ab. Sie betragen im Fall der Kerosinflammen T(d = 10 m) = 1176 K, T(d = 16 m) = 1111 K und T(d = 20 m) = 1277 K und in der Heptanflamme T(d = 6 m) = 1046 K. Die axialen Profile in den drei Kerosin-Poolflammen zeigen sowohl fur die Stromungsgeschwindigkeiten als auch fur die Temperaturen eine recht gute Ubereinstimmung mit empirischen Korrelationen von McCaffrey. Lediglich die simulierten axialen Profile der Heptan-Poolflamme liegen etwas unterhalb den Korre-lationen und Messwerten.
Die aus den Simulationen vorhergesagten mittleren Flammenlangen zeigen fur die jeweils als spiegelsymmetrisch angenommenen Flammen mit H/d(d = 10 m) = 1.5 und H/d(d = 20 m) = 1.3 fur die Kerosin-Poolflammen und H/d(d = 6 m) = 2.75 fur die Heptan-Poolflamme eine gute Ubereinstimmung mit der empirischen Korrelation nach Heskestad.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist, dass die Rusbildung in grosen Poolflammen mit dem Magnussen-Modell nicht gut wiedergegeben werden kann, da auch in grosen Abstanden bis zu Δy = 3d von der Flamme hohe Rusvolumenanteile vorkommen. Die Implementierung des Lindstedt-Rusmodelles fuhrt in der Heptan-Poolflamme hingegen zu sehr plausiblen Rusverteilungen mit hohen Rusvolumenanteilen vorwiegend im Bereich der Flammenzonen. Das Lindstedt-Rusmodell ermoglicht auserdem eine genauere Berechnung des Absorptionskoeffi-zienten in der Flamme, der stark vom Rusvolumenanteil abhangt. In den Kerosin-Poolflammen wurde der Absorptionskoeffizient uber die Temperatur abgeschatzt. Diese Abschatzung ergibt fur den Absorptionskoeffizienten transiente Felder, die ahnlich verlaufen wie bei der Berechnung uber den Rusvolumenanteil. Mit einer Sprungfunktion, die die drei koharenten Strukturen hot spot, Rusballen und Reaktionszone berucksichtigt sowie die Luft als diatherm betrachtet, werden in der Abschatzung jedoch nur vier Abstufungen erhalten. Die Implementierung des Lindstedt-Modelles in die CFD-Simulation stellt somit einen wesentlichen Fortschritt dar, da es eine stufenlose und somit deutlich genauere Berechnung des Absorptionskoeffizienten ermoglicht.
Die vorhergesagte spezifische Ausstrahlung der Flammen SEP(t) ist aufgrund der Pulsation stark vom betrachteten Zeitpunkt abhangig. Die zeitlich gemittelten Werte der vorhergesagten spezifischen Ausstrahlungen sind in den Kerosinflammen mit SEP(d = 10 m) = 48.8 kW/m2, SEP(d = 16 m) = 40.2 kW/m2 und SEP(d = 20 m) = 36.0 kW/m2 deutlich vom Pooldurchmesser abhangig und stehen mit dem semi-empirischen Strahlungsmodell OSRAMO II in guter Ubereinstimmung. Fur die vorhergesagte SEP(d = 6 m) = 56.3 kW/m2 der Heptan-Poolflamme liegen zurzeit keine Messwerte vor.
Aus den berechneten zeitabhangigen spezifischen Ausstrahlungen der Flammen ergeben sich transiente Bestrahlungsstarken E(Δy/d,t), die auserdem vom relativen Abstand Δy/d abhangen. Die zeitlich gemittelte Bestrahlungstarke betragt z.B. fur die Kerosin-Poolflamme mit d = 20 m E(Δy/d = 1) ≈ 5 kW/m2, wobei infolge der Pulsation der Flamme Maxima bis Emax(Δy/d = 1) ≈ 12 kW/m2 fur die Zeitdauer von t ≈ 4 s auftreten. Diese Einwirkungsdauer ist ausreichend, um Verletzungen ungeschutzter Personen hervorzurufen, da die kritische Einwirkungsdauer τ ≥ 3 s betragt.
Die vorliegenden CFD-Simulationen groser Poolflammen ermoglichen auch eine Vorhersage von angemessenen Abstanden bzw. Abstandsbereichen zu Schutzobjekten und Personen und sind nutzlich zur Durchfuhrung technischer Schutzmasnahmen in verfahrenstechnischen Anlagen.
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