Wien, 27. und 28. Oktober 1997: Internationales Symposion „Verboten und vertrieben - österreichische Komponisten im amerikanischen Exil“
2016
Das ArnoldSchonbergInstitut der Hochschule fur darstellende Kunst in Wien lud gemeinsam mit der Lehrkanzel „Musikalische Stilkunde und Auffuhrungspraxis" zu einem ExilSymposion nach Wien ein. Der Austausch von Forschungsergebnissen deutscher, osterreichischer und amerikanischer Musikologen sollte einen aktuellen Uberblick uber die Ergebnisse und unbearbeiteten Quellen der Exilforschung ermoglichen. Die Referate der Teilnehmer reflektierten deren jeweils unterschiedliche Zugangsweisen zu den Problemen der Exilforschung und wurden den angestrebten Zielen nicht immer gerecht. Nur wenige Beitrage setzten sich mit Bedingungen und methodischen Fragen der Exilforschung auseinander. Hartmut Krones (Wien) lieferte in seinem Einfuhrungsvortrag eine zeitund kulturgeschichtliche Skizze, in der er die spezifisch osterreichische Situation in den Vordergrund stellte und somit den Ausgangspunkt fur die Thematik des Symposions konkret bestimmte. In diesem Zusammenhang deutete Krones den Exodus von Kunstlern, Musikern und Komponisten nach der nationalsozialistischen Machtubernahme im Marz 1938 als eminenten kulturellen Verlust fur Osterreich. Claudia Maurer Zenck (Graz) erweiterte in ihren Uberlegungen zu Geschichte, Methodik und Selbstverstandnis von Exilforschung zunachst diese zeitliche Perspektive, indem sie die Notwendigkeit einer zeitlichen Offnung des Exilbegriffs uber die Eingrenzung durch die Jahreszahlen 1925 (konservative Wende der Weimarer Republik) und 1945 (Ende des Zweiten Weltkrieges) hinaus reklamierte. Daneben beharrte sie auf dem Ersetzen des Begriffs „Emigration" durch die Bezeichnung „Exil", wodurch sie sich jedoch uber das Selbstverstandnis der Emigranten als „Vertriebene" hinwegsetzte. Mit methodischen Problemen setzte sich auch Horst Weber (Essen) auseinander, der in seinem Beitrag uber die Probleme der Forschung eine Revision historischer Zugangsweisen und Fragestellungen und damit eine Gewichtsverlagerung der Forschung durch Forcierung alternativer Blickwinkel forderte. Dies illustrierte er an den Eigenarten des geschichtlichen Phanomens Exil, das wesentlich von den Individualgeschichten der Emigranten gepragt ist. Bedauerlicherweise unterblieb eine Diskussion zu diesen beiden kontraren Positionen. Lediglich Leon Botstein (New York) griff in seinem Beitrag uber den judischen Exodus aus Osterreich noch einmal eine ahnliche Problematik auf, als er eine differenziertere Sicht auf die Emigranten fordert. Dennoch prasentierte die von ihm referierte Bewertung des Emigrationserlebnisses nach psychologischen Fakten, sozialen Gesichtspunkten, Aspekten judischer Selbstbehauptung, asthetischen Positionen und politischen Standpunkten keine neue Perspektiven, sondern erwies sich lediglich als Zusammenfassung selbstverstandlicher Pramissen der Exilforschung. Ein zweiter Komplex von Referaten beschaftigte sich mit den Biographien von Musikern, Kunstlern und Musikologen. So schilderte Christopher Hailey (Los Angeles) am Beispiel des Komponisten Ernst Kanitz die Karriere eines Exilanten, dem in den USA eine grundlegende Umorientierung gelungen war und dessen Musik von der Auseinandersetzung mit dem neuen kulturellen Umfeld zeugt. Krones stellte am Wirken von Marcel Rubin die Besonderheiten der Exilsituation in Mexiko dar und lieferte damit zugleich das Beispiel eines Kunstlers, der sich zudem wieder erfolgreich in das Wiener Musikleben der Nachkriegszeit integrieren konnte. Thomas Phlebs (Giesen) verfolgte den Lebensweg der sozialistischen Musiker' Hanns Eisler, Paul Dessau, Stefan Wolpe und Hans Hauska und konstatierte dabei insbesondere in den ersten drei Fallen eine Reihe von Ubereinstimmungen in Lebenslaufen und asthetischen Umorientierungen. Robert Dachs (Wien) skizzierte in seinem Beitrag einige Lebenslaufe von Musikern aus dem Bereich der Unterhaltungsmusik. Die haufig anekdotenhafte Darstellung entpuppte sich ebenso wie das Expose von Theophil Antonicek (Wien), das die emigrierten Musikologen zum
- Correction
- Cite
- Save
- Machine Reading By IdeaReader
0
References
0
Citations
NaN
KQI