Veränderungen des Lipoproteinprofils unter kurzzeitiger Mirtazapineinnahme bei gesunden Probanden

2013 
Mirtazapin ist ein noradrenerges und spezifisch serotonerges Antidepressivum, das seit seiner Erstzulassung im Jahre 1996 routinemasig zur Therapie von schweren depressiven Storungen eingesetzt wird. Eine medikamentose Behandlung mit Mirtazapin wird in vielen Studien mit Storungen der Appetitregulation, einer erheblichen Zunahme von Korpergewicht sowie Lipidstoffwechselstorungen in Verbindung gebracht. Da es durch die Einnahme von Mirtazapin meist zu einer erheblichen Gewichtszunahme kommt, bleibt unklar, ob Lipidstoffwechselstorungen erst sekundar durch die Gewichtszunahme entstehen oder primar als Medikamentennebenwirkung auftreten. Bis dato wurde noch kein gewichtsunabhangiger Effekt von Mirtazapin auf den Lipidstoffwechsel beschrieben. Dies hat uns dazu veranlasst zu prufen, ob sich in einem hoch standardisierten Studiensetting in Bezug auf Ernahrung, Bewegung und Schlaf-Wach-Rhythmus bei psychisch und korperlich gesunden Probanden durch eine 7-tagige Gabe von 30 mg/d Mirtazapin systematische Veranderungen des Lipoproteinprofils, des Korpergewichts, der Waist to Hip Ratio und des Appetits ergeben. In einer Langsschnitterhebung mit mehreren Messzeitpunkten wurde der Einfluss einer 7-tagigen oralen Einnahme von 30 mg/d Mirtazapin auf den Fettstoffwechsel, das Korpergewicht, die Waist to Hip Ratio sowie das Appetitempfinden von 12 gesunden, kaukasischen, mannlichen Probanden im Alter zwischen 20 und 25 Jahren uberpruft. Um die Einflussgrosen der Ernahrung und Bewegung auf Fettstoffwechsel und Korpergewicht konstant zu halten, wurde diese Studie in einem hochstandardisierten Studiensetting durchgefuhrt. Die Datenerhebung erfolgte von Dezember 2008 bis April 2010. Die 7-tagige Einnahme von Mirtazapin verursachte in unserer Studienpopulation sowohl eine quantitative Veranderung des Gesamtcholesterins als auch erhebliche qualitative Veranderungen der einzelnen Lipidfraktionen. Das Gesamtcholesterin zeigte nach 7 Tagen eine statistisch signifikante Verminderung von 8%, das LDL-Cholesterin verminderte sich um statistisch signifikante 9% und das HDL-Cholesterin sank ebenfalls statistisch signifikant um 9%. Die Triglyzeride zeigten einen statistisch signifikanten Anstieg von 9%. Die Einzelverlaufe der Lipidwerte zeigten in unserer Studienpopulation einen insgesamt sehr homogenen Verlauf. Unter Beibehaltung der standardisierten Diat der 3-wochigen Vorbereitungsphase kam es durch die 7-tagige Einnahme von 30mg/d Mirtazapin zu einer statistisch signifikanten Abnahme des Korpergewichts. Die Waist to Hip Ratio nahm zu, jedoch ohne statistische Signifikanz. Hinsichtlich des subjektiven Hungergefuhls zeigte sich ein statistisch hochst signifikanter Anstieg von 44% als akute Reaktion auf die Einnahme des Studienpraparats innerhalb von 12 Stunden. Am 3. Tag erreichte das Appetitempfinden ein Maximum, ebenso waren der Appetit auf suse sowie auf fettige Speisen an Tag 3 gegenuber dem Baselinewert statistisch signifikant erhoht. Insgesamt gesehen deuten die Ergebnisse der vorliegenden Studie darauf hin, dass Mirtazapin zu einer Konstellation der Blutfettwerte fuhrt, wie sie haufig im Rahmen des Typ 2 Diabetes mellitus beobachtet wird. Diese Konstellation eines erniedrigten HDL-Cholesterins sowie erhohten Triglyzeridwerten scheint eine besonders aggressive endothelschadigende Potenz an den Blutgefasen zu haben. Veranderungen des Lipoproteinprofils durch die Einnahme von Mirtazapin ergeben sich in der vorliegenden Studie unabhangig von Veranderungen des Korpergewichts. Dies steht im Gegensatz zu der bisher gangigen Theorie, dass Storungen im Lipidstoffwechsel nicht primar durch das Medikament, sondern eher durch die pharmakainduzierte Gewichtszunahme verursacht werden. Ein Erklarungsansatz hierfur konnte die, bisher nur in Zellkulturen beobachtete, mirtazapininduzierte Aktivierung von SREBP Transkriptionsfaktoren, die die Cholesterin- und Fettsaurebiosynthese kontrollieren, sein. Durch ein besseres Verstandnis der Wirkmechanismen von Mirtazapin konnten die Ergebnisse dieser Studie klinische Auswirkungen auf dessen Anwendungsbereich haben. Bei bereits vorliegendem metabolischen Syndrom sowie dessen Einzelkomponenten sollte bei der Behandlung depressiver Sorungen von Medikamenten wie Mirtazapin, die sich nachteilig auf das kardiovaskulare Risikoprofil auswirken konnten, moglicherweise besser abgesehen werden
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