Obstarten der gemäßigten Breiten in warmen Anbaugebieten leiden unter abnehmendem Kältereiz (Chilling) im Winter

2016 
Viele Obst- und Nussarten der gemasigten Breiten werden grosflachig in warmen Anbaugebieten produziert, z.B. in Kalifornien, Chile, Sudafrika und Australien. Auch im Mittelmeerraum werden Kulturen wie Aprikosen, Pfirsiche, Apfel, Mandeln und Pistazien in grosem Stil angebaut. Okonomisch tragfahiger Anbau dieser Arten in warmen Klimaten erfordert jedoch hinreichend kalte Winter, in denen die Baume ihre art- und sortenspezifischen Kaltebedurfnisse erfullen konnen. In Zeiten des Klimawandels mehren sich Befurchtungen, dass warmer werdende Winter den Anbau vielerorts vor Probleme stellen konnten. Globale und regionale Projektionen stellen fur warme Anbauregionen wie den Mittelmeerraum abnehmenden Kaltereiz (Chilling) in Aussicht. Um die zu erwartenden Folgen des Klimawandels fur den Obstbau in warmen Regionen zu erforschen, haben wir aufgrund von Langzeit-Beobachtungen des Bluhbeginns (BBCH 61) von Mandeln und Pistazien in Tunesien die Kaltebedurfnisse verschiedener Sorten bestimmt und mit historisch und zukunftig verfugbarem Kaltereiz verglichen. Kaltebedurfnisse und effektive Kaltereizperioden wurden mithilfe des R-Packages chillR ermittelt. Ein Wettergenerator (R-Package RMAWGEN) wurde mit Langzeit-Temperaturaufzeichnungen (einem Hybriddatensatz aus Beobachtungen in einer Plantage und Langzeitaufzeichnungen einer Wetterstation) parametrisiert und fur die Risikobewertung unter verschiedenen Klimaszenarien aus der AFRICLIM-Datenbank verwendet. Der Kaltereiz wurde mit dem 'Dynamic Model' als Chill Portions (CP) berechnet. Unsere Berechnungen zeigen einen dramatischen Verlust an zu erwartendem Kaltereiz seit 1973, z.B. von etwa 35-45 CP 1975 auf 25-35 CP 2015 fur die ohnehin alternanzempfindlichen Pistazien, die damit nur noch jedes zweite Jahr in der Lage sind, ihr Kaltebedurfnis von ungefahr 32 CP zu erfullen. In allen 72 Zukunftsszenarien (zwei Treibhausgas-Szenarien, 8 globale Klimamodelle, 5 regionale Klimamodelle; fur Mitte und Ende des 21. Jahrhunderts) erscheint die Erfullung dieser Bedurfnisse nur noch in Ausnahmefallen moglich, so dass kommerzieller Anbau kaum noch tragfahig sein durfte. Fur Mandeln ist die Prognose ebenso alarmierend. Falls unser derzeitiges Verstandnis der Kaltewirkung auf Obstbaume keine grundlegenden Schwachen hat, wird der Anbau von Sorten der gemasigten Breiten in Tunesien und auch in anderen warmen Anbaugebieten in Zukunft kaum noch moglich sein. Um diese Erkenntnis zu sichern, empfehlen wir allerdings eine deutliche Vertiefung der Forschung auf diesem Gebiet, da sich die Anpassung von Obstplantagen an eine warmere Zukunft aufgrund etlicher Wissenslucken bislang sehr schwierig gestaltet.
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