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REZENSIONEN / BOOK REVIEWS

2014 
Wahrend der 1970er Jahre wurden mehr und mehr die Arbeitsme­ dizin und die Tatigkeit der arbeitsmedizinisch ausgebildeten Be­ triebsarzte thematisiert. In italienischen Arbeiterkampfen bei Fiat, Olivetti und anderen Betrieben, insbesondere aber in der oberitalie­ nischen Chemieindustrie, hatten kampfende Arbeiter und kritische Intellektuelle die reaktionare Rolle der dortigen Arbeitsund Be­ triebsmedizin unterstrichen. Sie konnten zeigen, dass das, was Be­ triebsarzte taten, meist nur Selektionsmedizin war. Diejenigen Ar­ beiter, deren Gesundheit verschlissen war, meldeten sie den Betriebsleitungen als dauerhaft arbeitsunfahig, mit der Folge, dass kranke Arbeiter ihren Arbeitsplatz verloren. Bemuhungen um die Herstellung gesundheitsgerechterer Arbeitsbedingungen sahen sie nicht als ihre Aufgabe. Die italienischen Kampfer forderten daher, dass die Gesundheit der Arbeiter und Arbeiterinnen nicht mehr an Arbeitsmediziner delegiert werden, sondern in die eigenen Hande genommen werden musse. „Non delegata“ war das Schlagwort, „Arbeitermedizin“ das neue Konzept. In Deutschland war die Si­ tuation keine grundlegend andere. Auch bei BASF, Thyssen und Opel sortierten Betriebsarzte Arbeiter/innen aus, die ihrer Mei­ nung nach nicht mehr leistungsfahig waren, und setzten sie damit auf die Abschussliste. Nur besonders verdiente Angehorige der Stammbelegschaften konnten hoffen, einen „Schonarbeitsplatz“ zu bekommen. Krankheit war ein Zeichen der Schwache, genauer: der Schwachlichkeit, oder – schlimmer – ein Zeichen des Simulanten­ tums. Darin war die Arbeitsmedizin immer ganz gros: Simulanten zu „enttarnen“. Doch die damalige Situation war komplizierter, komplexer, ver­ wickelter. Wer Anfang der 1970er Jahre das Problem der gesund­ heitszerstorenden Arbeitsbedingungen in der deutschen Industrie aufwarf, hatte viele Gegner. Die Gewerkschaften hatten in vielen
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