Seit dem Aufkommen der Tourismusforschung als phanomenologisches Untersuchungsfeld anfangs des 20. Jahrhunderts wird immer wieder intensiv debattiert, ob Tourismusforschung den Status einer echten Disziplin bekommen soll oder zumindest das Potenzial dazu hat. In diesem Beitrag durchleuchten wir die Entwicklung der Tourismusforschung in der Schweiz, wo eine langere Tradition in diesem Feld herrscht. Dabei nehmen wir nicht nur die Perspektive der Forscher, sondern auch diejenige von Praktikern ein; letztere dank zahlreicher Beratungsprojekte und Mandate fur Organisation im Tourismus. Wir pladieren fur einen starkere interdisziplinaren Ansatz, der verschiedenen Domanen der Sozialwissenschaften integriert und der zukunftige Forschungsthemen aus der Herausforderung der Instabilitat des Untersuchungsobjektes selbst, des Phanomens Tourismus, ableitet. Die wichtigsten Interessengebiete der Tourismusforschung sind dabei insbesondere aus okonomischer Sicht das Konsumentenverhalten, Nachhaltigkeit, Regionalokonomie, sowie Kooperations- und Systemmanagement. Daruber hinaus wird Tourismus als wertvolles Thema fur Aus- und Weitebildung nicht nur fur zukunftige Mitarbeiter und Fuhrungskrafte in der Branche, sondern auch als Anwendungsfeld fur disziplinare Studien empfohlen.
Purpose Most state-of-the-art approaches for the analysis of the process of travel decision-making follow Woodworth’s neo-behaviouristic S–R (stimulus–response) or S–O–R (stimulus–organism–response) model. However, within this model, scholars primarily focus on the S–R relationship, investigating specific decisions by describing or explaining an outcome as the result of an input of several stimuli. There is a lack of investigation into the “O” dimension of the S–O–R model. This paper aims to contribute towards closing of this gap by conceptually and holistically expanding existing models with new perspectives and components. Design/methodology/approach The authors base the conceptual process on a subjective/interpretative research paradigm, by combining outcomes from different theories and concepts into a new, more holistic approach; and challenging this approach by seeking counterarguments as well as supportive arguments at three conferences and workshops. Findings The paper expands the body of literature by positing a generic conceptual operationalization model focusing on the organism (“O”) domain of decision-making. To achieve this, and further to operationalize the S–O–R model, the paper proposes to integrate an M–O–A (motivation–opportunity–ability) approach. Originality/value The analysis of the body literature reveals that there is still a lack of analytical and especially workable models/approaches for the analysis of the process of tourist decision-making. The paper contributes to that discussion by offering an alternative and generic operationalization of the tourist decision-making process by inducing a theoretical framework from the deductions gleaned from a number of existing theories.
Die alpine Tourismuswirtschaft nach der Pandemie steht heute vor tiefgreifenden, langfristigen und disruptiven Veränderungen. Neue Arbeits- und Freizeitformen entwickeln sich, digitale Transformation und Künstliche Intelligenz zeigen ihre Potenziale für den Tourismussektor. Das von Thomas Bieger, Pietro Beritelli und Christian Laesser herausgegebene Jahrbuch untersucht die damit verbundenen Chancen, Lösungsansätze und Trends aus unterschiedlichen Blickwinkeln. - Reisen: von der Entwicklung beim Alpenurlaub deutscher Gäste und beim Wellnesstourismus in den Bergen bis zu neuen Erlebnisdimensionen im Sporttourismus - Betriebe und Management: vom Nachhaltigkeitsmanagement der Bergbahnen über Airbnb im alpinen Raum bis zu neuen Rollen von Tourismusorganisationen und innovativer Hotelförderung - Governance und Politik: von der Digitalisierung von Destinationen über regionale Governance bis zu Lobbykommunikation in Krisenzeiten - Zukunft und Trends: vom Skimarkt über neue Arbeits- und Freizeitformen bis zur Bedeutung von Metaverse und Künstlicher Intelligenz für die Branche Eine einmalige Zusammenstellung zur aktuellen Weiterentwicklung des alpinen Tourismus in Forschung und Praxis.
- Die Nachfrage nach Ferienwohnungen ist in der Schweiz robust und nimmt wieder zu. Die Lo-giernachte in der Parahotellerie und insbesondere bei den Ferienwohnungen haben in den ver-gangenen Jahren nicht so stark abgenommen wie in der Hotellerie. Die durchschnittliche jahrli-che Schwankung betragt +/- 2%. Die neuesten Resultate aus dem Reisemarkt Schweiz zeigen zudem, dass in den vergangenen drei Jahren die Logiernachte in Ferienwohnungen deutlich zu-genommen haben. Schliesslich beweist das Wachstum von professionellen Vermietungsorganisationen (Interhome, Reka, etc.) gerade im Reiseland Schweiz, dass sich qualitativ gute Ferienwohnungen weiterhin grosser Beliebtheit erfreuen. So beklagen sich diese Firmen nicht um rucklaufige Buchungen, sondern um zu wenige Objekte, die sie anbieten kon-nen.
- Zweitwohnungen werden von den Eigentumern jahrlich im Durchschnitt funf bis sieben Wo-chen genutzt. Vermieter konnen die Wohnung fur zusatzlich rund 80 Tage vermieten. Nicht-Vermieter geben ihr Haus an Verwandte und Freunde zu durchschnittlich zwei Wochen pro Jahr weiter. In beiden Fallen reicht die Nutzung der Wohnungen nicht aus, um diese fur eine Saison auszulasten. Was die Kapazitaten angeht, besteht ein nicht ausgeschopftes Potential.
- Die meisten Hauser und Wohnungen wurden in den 70er und 80er Jahren gebaut. Viele sind kurzlich teilweise (Bad und Kuche) renoviert worden. Bei den jungeren Objekten handelt es sich um Wohnungen mit tendenziell mehr Raumen. Was den Standard angeht, darf angenommen werden, dass vor allem jungere Objekte, die nicht vermietet werden fur Ferienwohnungsgaste attraktiv sein konnten.
- Die Eigentumer von Zweitwohnungen sind im Durchschnitt rund 60 Jahre alt. Die jungeren Ei-gentumer haben die Wohnung gekauft, weil sie Freiheit und Flexibilitat suchen. Sie sind aber auch an einem finanziellen Nutzen interessiert. Sie benutzen die Wohnung seltener und vermie-ten diese auch tendenziell weniger als die alteren Eigentumer. Letztere haben die Wohnung ge-kauft, weil sie Ruhe und Erholung suchen. Ein nicht unbedeutender Anteil der alteren Eigentu-mer findet in der Zweitwohnung ein Mittel zur Selbstdefinition. Zur Erhohung der Vermietungsbereitschaft gilt es, jungere Eigentumer mit finanziellen/ okonomischen (inklusive Minderung von Aufwand) und altere Eigentumer mit psychologischen Argumenten anzusprechen.
- Massnahmen zur Erhohung der Vermietungsbereitschaft mussen zielgruppenspezifisch erfolgen. Es gibt hauptsachlich vier Ansatze: Information und Kommunikation, administrative Erleichterung und personliche Unterstutzung sowie Abbau psychologischer Barrieren. Allgemein sind Grunde fur eine fehlende Vermietungsbereitschaft und Massnahmen fur eine Erhohung derselben auf zwei Ebenen anzuordnen: okonomische Transaktionsebene und psychologische Ebene.
- Es darf davon ausgegangen werden, dass sich rund ein Drittel von Nicht-Vermietern mit ihrer Wohnung so stark identifizieren, dass es fur sie nicht akzeptabel ist, Fremde in ihrem Haus zu haben. Sie verbinden damit ein Eindringen in ihre Privatsphare respektive eine Einschrankung ih-rer personlichen Freiheit und damit letztendlich einen Verlust ihrer Identitat.
- Rund 80% von den heutigen Nicht-Vermietern werden vermutlich auch in Zukunft - egal welche Massnahmen umgesetzt werden - nicht vermieten. Es bleiben aber rund 20%, welche unter Umstanden bereit sind, dies zu tun. Daruber hinaus ist es moglich, bestehende Vermieter zu einer hoheren Vermietungsbereitschaft zu bewegen (mehr Tage pro Jahr die Zweitwohnung fur Gaste zur Verfugung stellen).
- Vier Strategien konnen realisiert werden, um die Vermietungsbereitschaft von heutigen Nicht-Vermietern und (wenigen) Vermietern zu erhohen:
- Wahrgenommenen und effektiven Aufwand einer Vermietung minimieren
- Bessere Integration von Zweitwohnungseigentumern, damit diese sich als Einheimische oder Gastgeber fuhlen
- Jungere Eigentumer respektive Eigentumer, die vor kurzem gekauft/ gebaut haben, fruh ansprechen
- Wahrgenommenen Nutzen der Vermietung auf der okonomischen und psychologischen Ebene durch Zusammengehorigkeitsgefuhl und Professionalisierung erhohen
Purpose – The purpose of this paper is to present an alternative perspective on understanding the coordinating role of destination management organizations. Destination Management Organizations (DMOs) are known to have a coordinating role within a destination. Many qualitative case studies discuss this role in the institutional context, assuming that the DMO is supposed to coordinate the network of the organizations and stakeholder groups in the destination. By contrast, this paper analyzes the coordinator role of DMOs by focusing primarily on the prominent individuals (directors and board members) affiliated with it. In so doing, it proposes an alternative perspective on these organizations. Looking at the influential individuals in the destination, in particular those affiliated with the DMO, reveals new insights into what the DMO alternatively could be from an individual’s perspective. Design/methodology/approach – Using social network analysis, the coordinator role of the actors affiliated with the DMO for six destination cases in Switzerland, Italy and Austria was measured. First, the network of the most salient individuals in the destination was identified. Second, the coordinator score with the help of the Gould and Fernandez measure was measured. Third, the coordinator scores of individuals affiliated with the DMO were compared against those of the other actors in the network. Fourth, the scores of actors affiliated with the DMO and other actors were compared to the coordinator role attributed to the whole organization by those individuals (i.e. how they see the DMO as coordinator). Fifth, the analysis of the results with case-specific information was completed. Findings – In each of the six destinations, there are actors affiliated with the DMO as top scorers; these are usually the president of the board and other board members, as well as the director. Additionally, the analysis identifies further board members of the DMO among the tourist elite in the destination. The DMO as an organization is generally seen as an important coordinating institution. In particular, the actors affiliated with the DMO attribute a higher coordinating role to the organization than do the other respondents. Practical implications – In their board constellation, DMOs support the formation of interlocking directorships through the representation of various stakeholder groups. They increase the concentration of power in favor of a small group (elite), but they can also increase the effectiveness of decisional processes. In so doing, a DMO serves as a valuable platform for leaders in its destination. Social implications – This study affords a surprising insight into the difference between the overall image actors have of DMOs and the organizations’ self-images, expressed by the actors affiliated to the organizations – the former is always lower than the latter. The study also clearly demonstrates that the role of an institution largely depends on the actors affiliated to it and hence points to the constantly adapting coordinating role of DMOs within destinations. Originality/value – A DMO can be seen as an organization constituted by individuals who join and leave its board or its management. This paper proposes an actor-based analysis of these often small, but controversially discussed organizations. We do it with a combination of quantitative measures from network analysis and qualitative information. The alternative perspective (actors of the DMOs inside the elite) and the application of social network analysis for this purpose have not been used in studies before. Further research points to two new research streams, namely, to understanding the role attributed to the DMO by different actors in the destination and the reasons for joining/leaving the organization and the shift of the self-concept of the DMO.